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Schrumpfende Heimat: Wanderungen asiatischer Wildesel sind durch immer mehr Barrieren behindert

Wie Zugvögel führen auch  manche Säugetierarten ein Leben als Nomaden. Weil sie nicht fliegen können, sind asiatische Wildesel auf ihren Wanderrouten mit besonderen Schwierigkeiten konfrontiert. Die Auswirkungen menschlicher Eingriffe in ihre Lebensräume hat nun eine Forschungsgruppe um Chris Walzer von der Vetmeduni Vienna in einer Feldstudie dokumentiert. Ihre Arbeit ist in der Zeitschrift Biological Conservation erschienen.

Wildesel stammen von den gemeinsamen Vorfahren unserer Pferde und Esel ab. Viele Wildeselarten stehen heute am Rande des Aussterbens, Grund dafür sind Eingriffe des Menschen wie die Zerstörung ihres Lebensraums und die Wilderei.  Ein Team um Chris Walzer vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie der Vetmeduni Vienna hat in einem vom österreichischen Forschungsfonds FWF unterstützten Projekt gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Deutschland, China und der Mongolei Daten zum Lebensraum der mongolischen Wildesel erhoben. Diese Art lebt heute in Gebieten der Mongolei, China, Indien Iran und Turkmenistan. Das Ziel der Forschenden ist, die Gründe für das Schrumpfen der Wildeselpopulationen zu verstehen, um wirkungsvolle Gegenmaßnahmen entwickeln zu können.

Konkurrenz durch Nutztierherden

Die Wüste Gobi in der Mongolei zählt zu den bedeutendsten Zufluchtsräumen für viele gefährdete Tierarten. Petra Kaczensky aus Walzers Team hat die Verteilung der Wildesel in der Wüste Gobi untersucht und beobachtet, dass die Tiere heute nur dort vorkommen, wo die durchschnittliche Produktion von Biomasse unter 250 Gramm Kohlenstoff pro Quadratmeter und Jahr (gC/m2/Jahr) beträgt. Früher waren die Tiere auch in produktiveren Gebieten zu finden, diese werden heute jedoch stark von Menschen genutzt, um ihre Tierherden weiden lassen. Die Wildesel werden von dort weggejagt oder sogar getötet, um Konkurrenz um Nahrung und Wasser vermeiden. Aber auch die genügsamen Wildesel brauchen Futter und Wasser zum Überleben in Steppe und Wüste, deshalb können sie in Gegenden mit einer Biomasseproduktion unter 100 gC/m2/Jahr nicht überleben. Die Folge von alldem ist, dass die Tiere mehr und mehr in Lebensräume abgedrängt werden, in denen ihre Versorgung mit dem Lebensnotwendigsten kaum gesichert ist.

Weiterhin hohe Genvielfalt

Tiere, die in kargen Regionen leben, müssen nomadisch leben, um die knappen Ressourcen optimal nutzen zu können. Wildesel sind da keine Ausnahme. Walzers Team hat 20 Tiere mit Halsbandsendern bestückt und ihre Bewegungen verfolgt, bis die Sender wie geplant von den Tieren wieder abfielen. Die gewonnenen Daten zeigen, dass die Tiere lange Strecken zurücklegen und dabei bergige und hügelige Landstriche meiden. Deshalb isolieren Berge in der Mongolei verschiedene Populationen von Wildeseln voneinander. Walzer konnte zeigen, dass durch diese Isolation bisher kein genetischer Flaschenhals entstanden ist, denn die Wildesel haben noch ein für Artenschutzmaßnahmen wertvolles hohes Maß an Vielfalt in ihren Genen, sowohl innerhalb einer Population als auch im Vergleich verschiedener Populationen untereinander.

Unüberwindliche Barrieren

Für Besorgnis sorgt aber die Tatsache, dass die Wildesel offenbar keine von Menschen gemachten Barrieren wie Bahngleise oder Grenzzäune überqueren können oder wollen. Die Gleise der Linie Ulan Bator-Peking beispielsweise machen etwa 17.000 Quadratkilometer Lebensraum für Wildesel nicht nutzbar, die Grenze zwischen China und der Mongolei trennt die Wildeselpopulationen auf beiden Seiten dauerhaft voneinander. Die Tiere würden sicherlich von einer grenzüberschreitenden Strategie zum Artenschutz profitieren. Chris Walzer dazu: „Den Grenzzaun zumindest an einigen Stellen zu öffnen würde nicht nur den Wildeseln nützen, aber auch andere seltene Säugetiere wie Baktrische Kamele oder die wiederangesiedelten Przewalski-Pferde könnten davon profitieren.“

Der Artikel “Connectivity of the Asiatic wild ass population in the Mongolian Gobi” von Petra Kaczensky, Ralph Kuehn, Badamjav Lhagvasuren, Stephanie Pietsch, Weikang Yang und Chris Walzer wurde in der Zeitschrift “Biological Conservation“ veröffentlicht (Vol. 144, pp. 920-929).

Der wissenschaftliche Artikel im Volltext