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Enthornen bei Ziegen: Keine direkte Wirkung auf sozialen Stress oder Betreuungsaufwand

Milchziegenherden, die enthornt wurden, und Herden, in denen die Tiere ihre Hörner behalten, unterschieden sich nicht in den Aggressionen zwischen den Tieren oder im Betreuungsaufwand, so die Ergebnisse einer neuen Studie unter der Leitung der Vetmeduni Vienna. Jedoch beeinflussen Faktoren wie die Gestaltung der Ställe oder die Eingliederung fremder Tiere Aggressionsbereitschaft und  Verletzungsrisiko deutlich.

Jungen Ziegen die Hörner zu entfernen ist eine riskante Sache. „Die Schädelanatomie der Ziegen macht den Eingriff selbst unter Narkose schwierig, deshalb spricht sich auch eine Empfehlung des Europarats gegen das Entfernen der Hörner aus“, erklärt Susanne Waiblinger vom Institut für Tierhaltung und Tierschutz der Vetmeduni Vienna. Dennoch argumentieren viele Ziegenhalter, dass das Enthornen notwendig sei, um das Verletzungsrisiko der Tiere untereinander zu senken und den Umgang von betreuenden Personen mit den Ziegenherden zu vereinfachen.

Betriebsmanagement hat offenbar größten Einfluss

Waiblingers Team untersuchte in einer eben veröffentlichten Studie eine Reihe von Betrieben, die Ziegen in größeren Herden für die Milchproduktion halten. Dabei zeigte sich, dass es sowohl behornte als auch unbehornte Bestände gibt, die sehr gut abschneiden. Andererseits fanden die Forschenden auch unter den weniger erfolgreichen Betrieben solche mit behornten wie auch mit unbehornten Tieren. Bei Beständen mit Hörnern gab es ein leicht erhöhtes Verletzungsrisiko. Überraschend war für die Forschenden jedoch, dass bei einem Teil der Betriebe mit behornten Ziegen das Verletzungsrisiko sehr niedrig war. „Nach unseren Erkenntnissen liegen die Ursachen für mögliche Probleme mit behornten wie hornlosen Ziegenbeständen vor allem in der Art der Betriebsführung und der zugrundeliegenden Einstellung der Betriebsleiter“, erklärt Waiblinger die Ergebnisse. „Stetige Betreuung, ein Bewusstsein für die Bedürfnisse der Tiere, ziegengerecht ausgestattete Stallungen und angepasstes Management wirken sich deutlich positiv aus“, so die Forscherin.

Fremde Tiere machen Herde aggressiver

Wenn Waiblingers Team rein hornlose mit rein behornten Gruppen im gleichen Betrieb verglich, konnten die Forschenden keine Unterschiede in Stressparametern wie Kortisol in der Milch oder der Herzfrequenz finden. Bei Beobachtungen des Verhaltens zeigte sich bei hornlosen Tieren jedoch eine erhöhte Tendenz zu Aggression. Besonders deutlich erhöhte sich das Auftreten aggressiven Verhaltens in Herden, in denen Gruppen häufiger neu zusammengestellt werden. Auch hier fand Waiblingers Team einen deutlichen Einfluss durch die Art und Weise, wie ein Betrieb geführt wurde.

Hörner verursachen nicht mehr Arbeit

Auch was den Betreuungsaufwand für die Halter betrifft, konnte kein Einfluss der Behornung von Ziegenherden festgestellt werden. „Unsere Daten legen die Vermutung nahe, dass andere Faktoren wie die Gestaltung der Ställe oder die Länge der Wege, die die Tiere zurücklegen müssen, einen viel größeren Einfluss auf Arbeitspensum des Personals und die Wirtschaftlichkeit haben“, so Christoph Winckler von der BOKU, der diesen Projektteil leitete. Auch hier fanden die Forschenden sehr große individuelle Unterschiede zwischen einzelnen Betrieben, denen laut den Ergebnissen der Studie oft personenbezogene Faktoren zugrunde liegen. 

Die Studie „Haltung von behornten und unbehornten Milchziegen in Großgruppen“ entstand im Auftrag der Bundesministerien für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt- und Wasserwirtschaft (BMLFUW) und für Gesundheit (BMG) und wurde im Dezember 2010 abgeschlossen. Projektpartner waren die Universität für Bodenkultur, die Universität Wien und Forschungsinstitutionen in Deutschland und der Schweiz.

Die Studie im Volltext als PDF zum Download