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Universität

Von TierpflegerInnen, tierärztlichen Ordinationsassistenzen und einem Neustart

Aus VETMED 02/2018 – Am Campus der Vetmeduni Vienna ist die Tierpflegeschule des Fonds zur Förderung der Tierpflegeausbildung ansässig, an der die TierpflegerInnen der Zukunft ihr „Handwerkszeug“ lernen. Nun sollen drei neue Module die SchülerInnen noch besser auf ihre berufliche Praxis vorbereiten.

„Der Beruf TierpflegerIn ist anspruchsvoll und komplex, bekommt aber meist weder die gesellschaftliche Anerkennung, die er verdienen würde, noch korreliert er bisher hundertprozentig mit den Ansprüchen der TierärztInnenschaft“, sagt Yves Moens, Leiter der Tierpflegeschule. Damit kommt der gebürtige Belgier direkt auf den Punkt, denn dies soll künftig geändert werden: Durch einen neuen Lehrplan, der seit September 2017 in Kraft ist, wird die Ausbildung neuer TierpflegerInnen weiter an ihre Einsatzgebiete adaptiert.

Neuer Lehrplan an der Tierpflegeschule 

Moens ist seit September 2014 Leiter der Tierpflegeschule und hat sich als Ziel gesetzt, TierärztInnen durch eine Adaptierung des Lehrplans maßgeschneiderte Fachkräfte zur Seite zu stellen. Vor seiner Tätigkeit an der Tierpflegeschule war der Belgier 13 Jahre lang Leiter der Klinischen Abteilung für Anästhesiologie und perioperative Intensivmedizin an der Vetmeduni Vienna und hat daher viel Einblick in die Zusammenarbeit von TierärztInnen und TierpflegerInnen. Für eine optimale Ausbildung neuer TierpflegerInnen wurden nun im dritten Schuljahr drei Vertiefungsmodule geschaffen. „Die Besonderheit im neuen Lehrplan ist, dass sich die SchülerInnen nach den ersten zwei Ausbildungsjahren zwischen den drei Vertiefungsmodulen entscheiden können“, erklärt Moens. „Jedes Modul ist mit einem sechs- bis siebenmonatigen Fachpraktikum verknüpft. Neben dem Modul des ‚Tiermedizinischen Fachangestellten‘ wird es die ‚Tierpflege bei Versuchstieren/Forschung‘ sowie die ‚Tierpflege bei Zoo- und Wildtieren‘ geben.“

Viel Kontakt mit der Praxis

Inzwischen sind im neuen Lehrplan die ersten SchülerInnen am Ende des ersten Schuljahres angelangt. Die Vorbereitungen für die Vertiefungsmodule, die sie im dritten Schuljahr absolvieren werden, laufen weiterhin auf Hochtouren. Moens, bei dem alle Fäden für die Koordination zusammengeführt werden, ist sich sicher, dass der neue Lehrplan für die SchülerInnen viele Vorteile bringen wird: „Mir ist wichtig, die Ausbildung auf einem hohen Niveau anzubieten und die Leute hochqualifiziert auf den Arbeitsmarkt zu entlassen“, so Moens, der sich mit Ausbildungsmodellen für TierpflegerInnen und Tierärztliche AssistentInnen auch in anderen Ländern, wie etwa der Schweiz, den Niederlanden oder in Schweden, beschäftigt hat.

TierpflegerInnen in unterschiedlichen Rollen

Zum Aufgabengebiet von TierpflegerInnen gehört nicht nur die Übernahme der Fütterung oder das viel zitierte „Stallausmisten“. Einmal den Abschluss in der Tasche, sind sie überall dort einsetzbar, wo es um die Haltung, Betreuung und Pflege von Tieren geht, egal ob bei Heim-, Wild- oder Nutztieren. Stark hängt das jeweilige Berufsbild der TierpflegerInnen von den Einsatzorten ab: So sind etwa in Zoos ganz andere Skills und Fähigkeiten gefragt als im Labortierbereich. Im Tiergarten Schönbrunn arbeiten aktuell rund 85 TierpflegerInnen. Gerade hier nehmen TierpflegerInnen eine wichtige Rolle ein: „Bei öffentlichen Fütterungen zum Beispiel stehen TierpflegerInnen im Fokus des Publikums und haben somit auch dort eine wichtige Vermittlerrolle“, so Moens. Die laut Tierpflegeschule relativ gut nachgefragten Labor- und VersuchstierpflegerInnen, die teilweise auch in psychisch belastenden Bereichen arbeiten, brauchen dagegen Genauigkeit, gute Kenntnisse in Zucht- und Vererbungslehre sowie Effizienz in der Zusammenarbeit mit ForschungsleiterInnen. In jedem Fall möchte Moens als Leiter der Tierpflegeschule den AbsolventInnen einen hohen ethischen Anspruch mitgeben, da TierpflegerInnen als wichtige Ansprechpersonen einen wesentlichen Beitrag für das Tierwohl liefern.

Tierschutz als roter Faden

Themen des Tierschutzes und der Mensch-Tier-Beziehung ziehen sich daher auch als Unterrichtsprinzipien durch den neuen Lehrplan. Sowohl in der fachspezifischen als auch in der allgemeinen Ausbildung sind die Inhalte daher kontextorientiert. „Unsere Lehrenden, zu denen auch viele KollegInnen von der Vetmeduni Vienna gehören, arbeiten in allen Fächern die Rolle des Tieres und der Mensch-Tier-Beziehung heraus“, skizziert Moens den roten Faden. So werden etwa in den Fächern Ökonomie, Umwelterziehung und Ethik, aber auch in Geschichte oder im Sportunterricht Themen mit Tierbezug besprochen: Da geht es zum Beispiel um Berechnungen zum Einkauf von Medikamenten, die Stellung von Hunden und Pferden im Ersten Weltkrieg oder um Herausforderungen im Pferdesport aus Sicht des Tierschutzes.

Neudefinierte Rolle von TierpflegerInnen

Das Ziel der Tierpflegeschule ist, das Berufsbild der TierpflegerInnen nicht nur aufzuwerten, sondern auch ihre Rolle in den Bereichen Tierhaltung und Tierschutz hervorzuheben. „TierpflegerInnen sind ein Bindeglied zwischen Wissenschaft und Praxis. Sie müssen neue Erkenntnisse in der Tierhaltung umsetzen und diese kritisch – auf fachlicher sowie auf ethischer Ebene – hinterfragen“, betont Moens. „Eine zeitgemäße Ausbildung sollte daher nicht nur fachliches Wissen weitergeben, sondern TierpflegerInnen befähigen, gesellschaftliche Entwicklungen aus Sicht von PraktikerInnen zu beeinflussen und im Sinne des Tierwohls zu bewerten.“

Tierpflege erlernen

Die Tierpflegeschule an der Vetmeduni Vienna ist eine dreijährige, allgemeinbildende und berufsbildende Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht für Jugendliche ab 15 Jahre. Als einzige Ausbildungseinrichtung in Österreich bietet sie als Ganztagsschule einen modular aufgebauten Lehrplan an, um SchülerInnen eine fachliche Spezialisierung zu ermöglichen. Ab dem dritten Ausbildungsjahr können SchülerInnen zwischen drei Vertiefungsmodulen ihr bevorzugtes Berufsfeld auswählen. Aktuell besuchen 67 Schülerinnen und Schüler die Tierpflegeschule, davon sind 56 weiblich. Das Alter der SchülerInnen liegt zwischen 16 und 25 Jahren. 

Mehr Infos unter: http://www.vetmeduni.ac.at/de/tierpflegeschule/