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Universität

Vogelforschung an der Außenstelle Seebarn

Zur Erforschung der heimischen Vogelwelt hat jedes europäische Land eine eigene Vogelwarte, die Daten von Zug- und Brutvogelpopulationen dokumentiert und auswertet. Im Jahr 2014 wurde am Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) die Österreichische Vogelwarte/Austrian Ornithological Centre (AOC) gegründet. Seit Ende 2015 ist eine Außenstelle der AOC in Seebarn am Wagram angesiedelt, die sich auf lokale Projekte in Niederösterreich fokussiert.

Außenstelle Seebarn

Wie können Grünräume auf Dächern, in Parks oder in der Nähe von Gewässern von Vögeln genutzt werden? Was verraten Zugvögel über den Klimawandel? Und wie müssen Glasscheiben an Bauwerken eingesetzt werden, um die Kollision von Vögeln mit den Fensterscheiben zu verringern? Vogelforschung hat ein breites Spektrum an Fragestellungen, auch auf lokaler Ebene. An zwei Standorten der Vetmeduni Vienna ist die Österreichische Vogelwarte (AOC) angesiedelt, die solchen Fragestellungen nachgeht: am Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) auf dem Wiener Wilhelminenberg und in einem ehemaligen Schulgebäude in Seebarn am Wagram im Bezirk Tulln.

Leiter der AOC ist Leonida Fusani, der eine Doppelprofessur an der Vetmeduni Vienna sowie an der Universität Wien mit dem Spezialgebiet Ornithologie innehat. Zu den konkreten Aufgaben des Teams um Fusani zählt die Erforschung sämtlicher Aspekte der Biologie und Ökologie von heimischen Vogelarten. Dazu gehören auch die Grundlagenforschung der Lebensweise wildlebender Vögel sowie die Ursachenforschung in Bezug auf Veränderungen, Bedrohungen oder Gefahren für die Vogelwelt. Die Überwachung von Brut- oder Zugvogelpopulationen wird dabei vor allem durch die Markierung von heimischen Vögeln an der nationalen Beringungszentrale gewährleistet.

„Vögel sind wichtige Indikatoren, um den Zustand eines Ökosystems einschätzen zu können“, erklärt Richard Zink, der seit Juni 2018 die Außenstelle in Seebarn leitet. Gezielte Beobachtung und professionelles Monitoring sind dabei die Messinstrumente der Forschenden. Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Mensch und Natur sollen möglichst professionell und mit Rücksicht auf das jeweilige Ökosystem umgesetzt werden, um ein bestmögliches Ergebnis zu erlangen.

Bewirtschaftung und Umwelt Hand in Hand

Ein Schwerpunkt der Außenstelle sind umweltpädagogische Inhalte, die an Interessierte aller Altersstufen vermittelt werden. „Dabei fokussieren wir auf lokale Projekte, die sich aus den geografischen Besonderheiten in Seebarn ergeben“, beschreibt Vogelforscher Zink. Die Außenstelle befindet sich in einem Weinbaugebiet, bei dem durch Bewirtschaftung der Boden zwischen den Weinzeilen begrünt bleibt. Auf diese kurzrasigen Wiesenflächen ist eine Vielzahl an lokalen Vogelarten angewiesen, denn sie sichern eine ganze Nahrungskette ab. „Unter diesen besonderen Bedingungen kann mit Unterstützungsmaßnahmen, wie Nisthilfen, bei gefährdeten Vogelarten sogar ein positiver Bestandstrend erreicht werden“, so Zink über den Standort. „Zum Schutz von bedrohten Vogelarten versuchen wir ornithologische Forschung und Kooperationen mit den Bewirtschaftern zu vereinen und uns wissenschaftlich einzubringen. Schonender Umgang mit der Vegetation und den Bodenorganismen sind dabei wichtig.“

Citizen Science an der AOC

Generell ist das Ziel der AOC, möglichst viele Daten über die heimische Vogelwelt zu sammeln. Auch an veterinärmedizinische Fragestellungen, wie etwa nach Ausbreitungsweise oder -geschwindigkeiten von vogelspezifischen Erkrankungen wie dem Usutu-Virus oder der Vogelgrippe soll angeknüpft werden. Durch die österreichische Beringungszentrale am Wilhelminenberg in Wien und unterstützt durch ausgebildete Citizen Scientists werden Vögel beringt und registriert, um sie zu einem späteren Zeitpunkt wiederzuerkennen, erneut zu untersuchen und Vergleiche der aufgenommenen Daten zu ermöglichen. Im Rahmen der Beringungszentrale können interessierte Privatpersonen Artenkenntnis erlangen, Markierungstechniken erlernen und so die Forschung unterstützen. „In Seebarn sollen insbesondere gefährdete Arten wie der Wiedehopf oder der Steinkauz, die aufgrund der Gegebenheiten hier noch vertreten sind, beforscht werden. Citizen Science ist bei den Projekten oft der Schlüssel zum Erfolg“, so Zink.

Vogelberingung

Die Kennzeichnung von freilebenden Vögeln mittels Aluminium- oder Farbringen ist seit mehr als 110 Jahren ein wichtiger Bestandteil ornithologischer Feldforschung. Die Beringung ist eine international anerkannte Standardmethode, um unter anderem die Bestandsüberwachung heimischer Wildvogelarten zu gewährleisten. Standardmäßig werden Art, Geschlecht, Alter, biometrische Maße (Flügel-, Feder-, Tarsuslänge und Gewicht) sowie Konditionsindices erfasst. Durch individuelle Kennzeichnung und Vermessung von Brut- und Zugvögeln lassen sich Veränderungen innerhalb von Vogelpopulationen aufzeigen. So können wichtige Rückschlüsse auf äußere Einflüsse, wie den Klimawandel, gezogen werden. Dies wäre mit Hilfe einfacher optischer und akustischer Zählmethoden nicht möglich.