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Niere: Neue Erkenntnisse zu Reparaturmechanismen

08.07.2020: Für ein akutes Nierenversagen liegt nach wie vor keine spezifische Therapie vor. Glücklicherweise verfügt die Niere über ein ausgeklügeltes Reparaturprogramm, welches in einem Kollaborationsprojekt des Instituts für Physiologie der Vetmeduni Vienna mit dem Brigham and Women’s Hospital der Harvard Medical School und dem National Institute of Health (NIH) untersucht wurde. Die soeben erschienene Studie in „Nature Communications“ bietet ein genaueres Verständnis dieses Nieren-Reparaturprogrammes und kann dabei helfen, Anstöße zu neuen Therapieansätzen bzw. wichtigen Erkenntnissen in der Regenerationsmedizin zu geben.

Das akute Nierenversagen (ANV) zählt mit einer Prävalenz von etwa 10 % zu den häufigeren Komplikationen die bei PatientInnen im Rahmen eines Krankenhausaufenthaltes zu verzeichnen sind und ist sowohl mit erhöhter Morbidität, als auch mit erhöhter Mortalität vergesellschaftet. Während eines ANV führt eine Schädigung des Nierengewebes durch Sauerstoffmangel (Ischämie) oder durch nierenschädigende Substanzen zu einer stark eingeschränkten Filtrationsleistung der Nieren. Diese verminderte Nierenfunktion ist aber durch unseren körpereigenen Reparatur-Mechanismus als prinzipiell reversibel anzusehen. Der Preis dafür ist jedoch hoch, denn es führt bei einem hohen Anteil der Fälle zu einem Verlust an funktionsfähigem Nierengewebe und erhöht damit das Risiko an den folgeschweren Effekten einer chronischen Niereninsuffizienz, wie Bluthochdruck, Gefäßverkalkung oder Urämie zu erkranken und auch zu versterben. Bis zu 10 % der Bevölkerung in Österreich lebt mit einer solchen chronischen Niereninsuffizienz, die im Endstadium den Einsatz von Dialyse erfordert bzw. nur durch eine rettende Nierentransplantation behoben werden kann.

Die Niere repariert sich selbst

In der aktuellen Studie untersuchten die WissenschafterInnen den natürlichen Reparatur-Mechanismus der Niere genauer. Dafür wurden bestimmte Abschnitte auf der DNA, die für die Regulierung unserer Gene in unterschiedlichen Zelltypen verantwortlich sind, bestimmt – sogenannte Enhancer-Elemente. Durch diese genaue Katalogisierung der Genregulation konnten spezifische Masterregulatoren, sogenannte Transkriptionsfaktoren, die für den Reparaturprozess verantwortlich sind, identifiziert werden. Zusätzlich wurde die Blockade dieser Enhancer-Elemente und die Auswirkung auf chronische und akute Schädigungen der Niere untersucht. Die Enhancer-Hemmung mit BET-Inhibitoren führte zu einer Verminderung der chronischen Schädigung der Niere nach ANV, kann aber auch den natürlichen Reparatur-Mechanismus stören.

Die Daten der Studie liefern einen wichtigen Beitrag für das Verständnis von direkten Auswirkungen der klinischen Behandlung von Patienten mit BET-Inhibitoren, da diese bereits in onkologischen Studien verabreicht werden und sollten daher zur Vorsicht aufrufen, Patienten mit erhöhtem Risiko für ein ANV mit BET Inhibitoren zu behandeln.

Der Artikel "Enhancer and super-enhancer dynamics in repair after ischemic acute kidney injury" von Julia Wilflingseder, Michaela Willi, Hye Kyung Lee, Hannes Olauson, Jakub Jankowski, Takaharu Ichimura, Reinhold Erben, M. Todd Valerius, Lothar Hennighausen & Joseph V. Bonventre wurde in Nature Communications veröffentlicht.