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Arbeitsgruppe Ethik in der Pferdemedizin

Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe untersucht ethisch relevante veterinärmedizinische Aspekte der Mensch-Pferd-Beziehung und reflektiert ethische Fragen, die sich im Kontext der veterinärmedizinischen Betreuung von Pferden stellen. Zentrale Themen sind hierbei  präventivmedizinische, therapeutische und Euthanasie-Entscheidungen und die Lebensqualität von alten und chronisch kranken Pferden.

Im Zuge einer Kooperation zwischen Gut Aiderbichl, der Universitätsklinik für Pferde der Vetmeduni Vienna, der Abteilung für Anästhesiologie und perioperative Intensivmedizin der Vetmeduni Vienna und der Abteilung für Ethik der Mensch-Tier-Beziehung am Messerli Forschungsinstitut werden Indikatoren der Lebensqualität eines Pferdes und Faktoren, die das Pferdewohl und die Lebensqualität von alten und chronisch kranken Pferden beeinflussen, aus veterinärmedizinischer und ethischer Perspektive untersucht.

Um die Lebensbedingungen von Pferden zu verbessern, ist es notwendig, objektive und quantifizierbare Maßstäbe zu identifizieren, um den Einfluss verschiedener Haltungsbedingungen auf das Verhalten und Wohlbefinden von Pferden unterschiedlichen Alters und Gesundheitszustands untersuchen und vergleichen zu können. In dieser Studie werden daher unter anderem die Zeitbudgets (=Prozentsatz der für bestimmte Aktivitäten aufgewendeten Zeit) von chronisch kranken in Vergleich zu gesunden, jungen und alten Pferden, die unter verschiedenen Haltungsbedingungen leben, mit tragbaren Sensoren und Trackern untersucht  (Activity Time Budgets—A Potential Tool to Monitor Equine Welfare?). So konnten wir feststellen, dass geriatrische Pferde und Pferde mit chronischen orthopädischen Erkrankungen durchaus dieselben Freß- und Liegezeiten erreichen können, wie jüngere, gesunde Pferde, aber dafür teils optimierte Haltungsbedingungen, wie zum Beispiel Fütterungsmodifikationen oder separate Liegeplätze brauchen (Equine Activity Time Budgets: The Effect of Housing and Management Conditions on Geriatric Horses and Horses with Chronic Orthopaedic Disease und Recumbency as an Equine Welfare Indicator in Geriatric Horses and Horses with Chronic Orthopaedic Disease). Pferde mit akuten Problemen oder Schmerzen, zeigten aber häufig Veränderungen in ihren Freß- und Liegezeiten. Die Sensoren erlaubten auch Identifikation von Pferden mit dem Risiko eines REM-Schlafdefizits. Pferde mit Symptomen eines REM-Schlafmangels hatten keine oder nur kurze Liegezeiten und geringere Bewegungszeiten, was auf eine allgemeine Beeinträchtigung ihres Wohlbefindens, vermutlich durch chronische Müdigkeit, hindeutet. 

Da soziale Faktoren essenziell zu Lebensqualität beitragen, erforschen wir auch das Sozialverhalten von Pferden mit proximity Sensoren, welche zeigen welche Pferde wieviel Zeit miteinander in welchem Abstand verbringen und wie gut sie an heiß begehrte Ressourcen wie Futter- und Schlafplätze kommen. Dabei wird auch untersucht welchen Einfluss akute und chronische Lahmheit auf das Sozialverhalten haben, um mit Hilfe dieser Daten Pferde, die sich gesundheitlich oder in ihrer Herde nicht wohlfühlen oder unzureichenden Zugang zu Futter- und Liegeplätze haben, identifizieren und ihre Lebensbedingungen ihren Bedürfnissen anpassen zu können. 

Der ethische  Teil des Projektes befasst sich mit Fragen wie den folgenden: Was genau bedeutet Lebensqualität für Pferde und wie schätzen sie unterschiedliche Personengruppen, wie zum Beispiel Pferdebesitzer oder Tierärzte ein? Wie können gute Entscheidungen über tierärztliche Behandlungen für die Pferde getroffen werden, wenn sich nicht alle Beteiligten einig darüber sind, was in der Situation getan werden sollte? Wie können dabei die verschiedenen Perspektiven aller Beteiligten einbezogen werden, allen voran die des Pferdes? 
Im Zuge des Projekts wird daher das Lebensqualitätskonzept in Bezug auf alte und/oder chronisch kranke Pferde aus theoretischer und empirischer Perspektive untersucht um ein Ethiktool zur Unterstützung von verantwortungsvollen Entscheidungsfindungsprozessen in diesem Kontext zu entwickeln. 
In einer weiteren Studie wurden Ansichten und Einstellungen von PferdepraktikerInnen zu Euthanasie von Pferden mittels einer fragebogengestützten Umfrage mit Fokus auf medizinische Fragestellungen, die prägenden Einstellungen der TierärztInnen, möglich auftretende Konflikte, Strategien zur Bewältigung dieser und der Rolle der TierärztInnen innerhalb dieses Kontextes erhoben (Austrian Veterinarians’ Attitudes to Euthanasia in Equine Practice).