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Universität

Kanines Lymphom: Lymphdrüsenkrebs bei Hunden

Aus VETMED 02/2019: Mit zunehmender Lebenserwartung steigt bei Hunden und Katzen die Wahrscheinlichkeit, eine Krebserkrankung zu entwickeln. Ein Team von WissenschafterInnen der Vetmeduni Vienna ist auf Lymphomforschung spezialisiert. Dank intensiver Forschung ist es ihnen gelungen, die Diagnostik und Therapie für krebskranke Tierpatienten deutlich zu verbessern.

Ziel jeder onkologischen Behandlung ist es, die Lebensqualität des Tieres zu erhöhen. Foto © Doris Sallaberger/Vetmeduni Vienna

„Etwa 50 Prozent aller Hunde über zehn Jahre und 30 Prozent der Katzen erkranken an unterschiedlichen Tumorarten“, erklärt Onkologe Ondrej Škor, der seinen Forschungsschwerpunkt dem Lymphdrüsenkrebs des Hundes, auch kanines Lymphom genannt, gewidmet hat. Das Lymphom zählt zu den häufigsten Tumorerkrankungen beim Hund. Die Erkrankung beeinträchtigt die Lebensqualität und verkürzt die Lebenszeit.

„Ursprung der Krebsart ist eine Entartung weißer Blutkörperchen, sogenannter Lymphozyten. Das sind spezialisierte Immunzellen, die bei der Abwehr von Infektionserregern, aber auch bei der Elimination geschädigter körpereigener Zellen helfen“, führt Škor aus. „Alle Lymphozyten entstehen im Knochenmark aus Stammzellen. Die weitere Entwicklung, also die Reifung in die unterschiedlichen Unterarten bzw. Subtypen, die sich in ihren physiologischen Funktionen unterscheiden, erfolgt außerhalb des Knochenmarks in anderen lymphatischen Organen.“

Vierzig verschiedene Arten von Lymphomen möglich

Lymphdrüsenkrebs kann aus jedem Subtyp und in jeder Entwicklungsphase der Zellen entstehen. Daher stellt Lymphom laut WHO-Klassifikation eine Erkrankungsgruppe mit etwa 40 unterschiedlichen Unterarten dar. „Jede Form weist ein eigenes Krankheitsverhalten auf“, so Onkologe Ondrej Škor. „Damit variieren auch Prognose und Therapieempfehlung. Für einige Formen ist keine oder eine milde Therapie notwendig, für andere Subtypen ist eine frühzeitige und intensive Therapie erforderlich. Ohne das Wissen, welcher Subtyp bei einem Patienten vorliegt, besteht das Risiko, Patienten zu wenig intensiv oder unnötig stark zu behandeln.“

Ein wichtiges Behandlungsziel ist daher eine individuell abgestimmte Therapie. Erreicht wird diese, indem der vorliegende Lymphom-Subtyp und das vorliegende Krankheitsstadium genau bestimmt werden. „Zu den diagnostischen Aufarbeitungsschritten zählen Blutuntersuchung, bildgebende Diagnostik, Immunophänotypisierung und morphologische Beurteilung des Tumorgewebes“, erläutert Škor. „Nur die pathohistologische Untersuchung eines chirurgisch entnommenen Lymphknotens ermöglicht die exakte Identifizierung des vorliegenden Lymphom-Subtyps laut WHO-Klassifikation. Kleinere Biopsieproben sind leider in den meisten Fällen nicht genau genug.“ PathologInnen beurteilen dabei unter anderem das Verteilungsmuster der Tumorzellen im Lymphknoten, die Zellgröße, ihre Morphologie, Teilungungsaktivität und den Grundimmunophänotyp.

Wahl der Therapie abhängig vom Krankheitsstadium

Für die Behandlung von Lymphom-Patienten steht an der Vetmeduni Vienna nicht nur die Expertise der Onkologieambulanz bereit, sondern auch modernste Ausstattung, wie etwa der einzige Linearbeschleuniger (Strahlentherapiegerät) für Tiere in Österreich. Das zum Zeitpunkt der Diagnose vorliegende Krankheitsstadium beeinflusst, wie aggressiv ein Patient therapiert werden muss. „In Frühstadien kann manchmal eine lokale Therapie ohne die Notwendigkeit einer systemischen Chemotherapie eingesetzt werden“ so Onkologe Škor. „In lokal fortgeschrittenen Fällen kann eine Bestrahlungstherapie zusätzlich zur Chemotherapie verabreicht werden, da das Lymphom strahlenempfindlich ist.“

Forschungsprojekt zum Lymphdrüsenkrebs

Um die Krankheit in all ihren Formen besser verstehen zu können, ist klinische Forschung notwendig. Das Ziel ist, dass in Zukunft jeder Lymphompatient eine individuelle, auf den Tumorsubtyp zugeschnittene Therapie erhält, um so die Chancen einer Langzeitkontrolle zu verbessern.

Gleichzeitig wird die Rolle des Immunsystems untersucht, denn auch für die immunologische Forschung ist das kanine Lymphom ein zentrales Thema, so Škor: „Die Onkologieambulanz der Vetmeduni Vienna zählt zu einem wichtigen klinischen Zentrum für Lymphomaforschung in Europa und nimmt an multizentrischen Studien teil. Aus der Humanmedizin und auch aus Studien bei der Katze weiß man, dass ein Ungleichgewicht bei der Regulierung des Immunsystems die Entstehung eines Lymphoms begünstigen kann. Hier scheinen auch manche Infektionserreger eine Rolle zu spielen. Für den Hund ist zu diesen Einflussfaktoren leider noch wenig bekannt.“

Die klinische Forschung an der Vetmeduni Vienna konzentriert sich auf die Untersuchung dieser Immundysregulation und auf den Einfluss gewisser Infektionserreger bei der Entstehung des kaninen Lymphoms. „Die Erkenntnisse dieser Forschung können in der Zukunft für die Entwicklung von Immunotherapien und potenzieller Vorbeugemaßnahmen genutzt werden und helfen, die individuelle Lymphomtherapie weiter zu verbessern“, so Škor.

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