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Neue Software entschlüsselt, warum „springende Gene“ aktiv werden
16.09.2016: Springende Gene, die sogenannten Transposons, vermehren sich als Parasiten im Erbgut. Dieses eigennützige Verhalten kann für einen Organismus ein evolutionärer Vorteil sein oder ihm schaden. Welche Faktoren die Aktivität der Transposons steuern, ist noch umstritten. Vergleiche zwischen Populationen können das beantworten, waren bislang durch technische Schwierigkeiten verzerrt. Die Software PoPoolationTE2 des Instituts für Populationsgenetik der Vetmeduni Vienna ermöglicht nun erstmals eine unverfälschte Analyse und bestimmt die Häufigkeit der Transposons. Dies kann auch in der Krebsforschung und Neurologie von Nutzen sein. Vorgestellt wurde die Software in der renommierten Fachzeitschrift Molecular Biology and Evolution.
Das Genom ist kein fixer Code, sondern flexibel und lässt Veränderungen in den Genen zu. Transposons, die sogenannten springenden Gene, legen den Begriff Flexibilität allerdings bei weitem freier aus als „normale“ Gene. Sie vermehren sich im Genom und wählen dabei ihre Position selbst. Transposons können sich auch direkt in ein Gen einbauen und dieses funktionsuntüchtig machen. Sie sind damit ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal für die Entwicklung von verschiedenen Organismen.
Auslöser der Transposonaktivität noch unklar
Wie sich die springenden Gene entwickelt haben und was ihre Aktivität beeinflusst, ist allerdings noch umstritten. „Damit man den Einfluss von beispielsweise Klimazonen auf die Aktivität feststellen kann, muss man die Häufigkeit der Transposons zwischen Populationen, also Gruppen von Individuen, vergleichen können“, erklärt Bioinformatiker Robert Kofler vom Institut für Populationsgenetik der Vetmeduni Vienna. Diese konnte jedoch bis jetzt nicht genau bestimmt werden.
Neue Software für günstige Methode
Nachgewiesen werden Transposons mit DNS-Sequenzierung. Der Nachweis ist jedoch nicht einzeln für jedes Mitglied einer Population möglich. „Das würde derzeit sowohl den finanziellen als auch den arbeitstechnischen Rahmen sprengen. Die einzige und viel günstigere Möglichkeit ist es, eine ganze Population in einer Reaktion zu analysieren“, erklärt Letztautor Christian Schlötterer, Leiter des Instituts für Populationsgenetik der Vetmeduni Vienna. Diese Methode, die Schlötterer am Beispiel der Fruchtfliege etabliert hat, nennt sich Pool-Seq. Sie wird auch beim Nachweis von Transposons routinemäßig angewendet. Bisherige Analyseprogramme konnten in diesem Fall allerdings kein exaktes Ergebnis liefern. Jede Auswertung wurde bislang durch mehrere Einflussfaktoren wie der Sequenziertiefe verzerrt.
Kofler entwickelte deshalb die neue Software PoPoolationTE2. „Wenn man ganze Populationen sequenziert, liefert jede Reaktion ein anderes Ergebnis. Die Anzahl der gemischten Individuen ist zwar immer gleich, aber die Individuen selbst unterscheiden sich voneinander“, erklärt Kofler. Zusätzlich beeinflussten unter anderem technische Unterschiede bei der Probenbearbeitung die bisherige Auswertung. PoPoolationTE2 bleibt von diesen Faktoren unbeeinflusst. Fragen zur Transposonaktivität können so auch für Pool-Seq-Reaktionen exakt beantwortet werden.
Auch für Krebsforschung interessant
„Durch die unverzerrte Bestimmung der Häufigkeit ist es nun möglich, sehr günstig Populationen aus zum Beispiel verschiedenen Klimazonen zu vergleichen. Dann kann festgestellt werden, ob ein Transposon verstärkt in einer Klimazone aktiv ist “, sagt Kofler. Die neue Software hat der Bioinformatiker speziell für Pool-Seq entwickelt. Da diese Methode auch in der medizinischen Forschung und Diagnose angewandt wird, ist das Programm auch für die Krebsforschung oder den Nachweis neurologischer Veränderungen interessant. Denn Transposons treten auch im Hirn auf.
Laborversuche bestätigen Einflussfaktoren
Welche Einflussfaktoren die Transposons beeinflussen, kann im Laborversuch erforscht werden. Letztautor Schlötterer erklärt diese anhand eines Versuchs mit Fruchtfliegen: „Man züchtet pro Population hundert Generationen und setzt sie unterschiedlichen Reizen, wie zum Beispiel unterschiedlichen Klimabedingungen, aus. Bei jeder zehnten Generation sequenziert man und ermittelt, ob ein Reiz die Transposonaktivität beeinflusst hat. Damit kann man die Transposonaktivität sozusagen im Zeitraffer darstellen.“ Wenn ein geringer Anteil an Transposons vorhanden ist, geht man davon aus, dass dieser erst beginnen häufiger zu werden. Vermehrt sich ein Transposon in einer bestimmten Population sehr schnell, spricht man von einer Invasion. Wird ein springendes Gen in einer gesamten Population gefunden und in einer zweiten nicht, wurde es positiv selektioniert.