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Vorsicht, Gift!

Aposematismus ist eine Methode, mit der sich Tiere vor Raubtieren schützen, indem sie sie vor ihren gefährlichen Abwehrkräften warnen. Diese Warnsignale können in Form von leuchtenden Farben oder Mustern auftreten, die oft über die Chemikalien, wie z. B. Alkaloide, informieren, die das Tier in seinem Körper gespeichert hat. Einige Tiere nehmen diese Chemikalien über ihre Nahrung auf, so dass die Menge und die Art der Verteidigung je nach Futter und Lebensraum variieren können. Beispiele für Tiere, die sich des Aposematismus bedienen, sind bunte Amphibien und einige Schmetterlinge. Während die Alkaloidabwehr seit Jahrzehnten Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen ist, ist ihre Beziehung zur Variation der aposematischen Signale in den Farben, mit denen sie beworben werden, weniger bekannt. 

Ein internationales Forscherteam, zu dem auch Bibiana Rojas vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung und ihr Team gehören, hat die Chemikalien in verschiedenen Populationen des Färberfrosches im Nordosten von Französisch-Guayana erforscht. Der Färberfrosch ist eine Froschart, die im nördlichen Südamerika lebt. Er hat viele verschiedene Farben und Muster, die je nach Lebensraum des Frosches variieren können. Manchmal können sogar Frösche, die in derselben Gegend leben, unterschiedlich aussehen. Diese Frösche haben unterschiedliche Alkaloidprofile und sind für Raubtiere unterschiedlich ungenießbar.

In einer Studie, die mit Blaumeisen als Modellraubtier durchgeführt wurde, identifizierten die Forscher 15 Alkaloide, die mit der Reaktion auf Raubtiere in einer Froschpopulation korreliert sind, darunter drei bisher unbeschriebene. Die Studie untersuchte zwei Froschpopulationen und stellte fest, dass es trotz der unterschiedlichen Warnsignale der Frösche einige Schlüsselchemikalien gibt, die immer vorhanden sind und zum Schutz der Frösche beitragen. Die Forscher hoffen, dass sie mehr über die Evolution der chemischen Abwehr herausfinden können, wenn sie wissen, wie Raubtiere auf diese Chemikalien reagieren.

Die Studie bietet eine neuartige Methode, um die Ungenießbarkeit von Hautsekreten mit den Toxinen zu verknüpfen, die möglicherweise zur Reaktion der Raubtiere beitragen. Dies könnte dazu beitragen zu erklären, wie unterschiedliche Alkaloid-Kombinationen in der Lage sind, konsistente Verhaltensreaktionen hervorzurufen und möglicherweise evolutionäre Veränderungen bei den Merkmalen aposematischer Tiere zu bewirken.

Der Artikel "Linking Predator Responses to Alkaloid Variability in Poison Frogs" von J. P. Lawrence, Bibiana Rojas, Annelise Blanchette, Ralph A. Saporito, Johanna Mappes, Antoine Fouquet und Brice P. Noonan wurde im Journal of Chemical Ecology veröffentlicht.

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2023-03-13

Buntbarsche: Sesshaftigkeit zahlt sich aus

Neolamprologus pulcher (N. pulcher) ist eine Buntbarschart, die in Ostafrika an Felsküsten vorkommt. Sie zählen zu den hochsozialen Fischen, von denen es weltweit nur eine Handvoll gibt. Statt sich zu verbreiten, bleiben sie häufig lieber zuhause. Die Gründe für dieses ungewöhnliche Sozialverhalten erhob nun ein Forschungsteam des Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Veterinärmedizinischen Universität Wien, unter der Leitung von Arne Jungwirth – und ergänzt damit ein gängiges wissenschaftliches Erklärungsmodell. Die Langzeitstudie wurde soeben im Top-Journal „Science Advances“ veröffentlicht.

 

Extremer Druck durch Prädatoren wurde von der Wissenschaft bisher als Hauptgrund für das außergewöhnliche Sozialverhalten von N. pulcher gesehen: Denn ein Fisch, der wegwill, wird wahrscheinlich gefressen werden. Es lohnt sich also zuhause zu bleiben.

Nur besonders starke, gute und fitte Individuen können diese ökologischen Beschränkungen (ecological constraints) überwinden. Schwächere Tiere sind jedoch gezwungen, das Heim zu hüten und haben unter der Knute ihrer Eltern nur sehr wenig Raum zur Selbstverwirklichung – die Chance auf eigenen Nachwuchs ist dadurch äußerst gering.

Erste derartige Langzeitstudie zur Buntbarschart N. pulcher

Zur Bestätigung dieser gängigen Hypothese fehlten aber bisher Messungen des tatsächlichen Reproduktionserfolgs. In der weltweit ersten derartigen Langzeitstudie untersuchte deshalb ein Forschungsteam der Vetmeduni N. pulcher unter natürlichen Bedingungen. Dazu Studien-Erstautor Arne Jungwirth vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni: „Wir haben Lebensspanne, Reproduktionserfolg und sozialen Status von knapp 500 markierten Fischen über einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren gemessen.“

Beide Geschlechter profitieren von Sesshaftigkeit

Dabei stellte sich heraus, dass beide Geschlechter davon profitieren, zuhause zu bleiben, da sich die Überlebenswahrscheinlichkeit und der Reproduktionserfolg erhöhen. Das stimmt nicht mit den Vorhersagen der „ecological constraints“ überein, sondern vielmehr mit einer anderen klassischen Theorie – den Vorteilen von Sesshaftigkeit (benefits of philopatry).

„Dass beide Geschlechter gleichermaßen von Sesshaftigkeit profitieren, ist insofern überraschend, als sie sich sowohl in ihrem Dispersionsverhalten – Männchen ziehen mehr herum –, als auch in anderen Aspekten ihrer Lebenslaufstrategien unterscheiden. Weibchen wachsen beispielsweise langsamer und zu geringerer Maximalgröße heran, leben dann aber sehr viel länger“, so Arne Jungwirth.

Vielweiberei mit Folgen: Männchen streiten mehr und müssen deshalb umziehen

Für den Umstand, dass Männchen häufiger umziehen müssen, fanden die Wissenschafter:innen laut Arne Jungwirth die folgende Erklärung: „Die Konkurrenz zwischen Männchen verhindert ihre Sesshaftigkeit häufiger als bei Weibchen – männliche Buntbarsche zanken mehr, weil es für sie weniger Territorien gibt: Auf zwei brütende Weibchen kommt nur etwa ein brütendes Männchen, denn die Spezies praktiziert Vielweiberei (Polygynie).“

Der Artikel „Philopatry yields higher fitness than dispersal in a cooperative breeder with sex-specific life history trajectories“ von Arne Jungwirth, Markus Zöttl, Danielle Bonfils, Dario Josi, Joachim G. Frommen und Michael Taborsky wurde in „Science Advances“ veröffentlicht.

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2023-03-07

Univ.-Prof. Dr.rer.nat. Ludwig Huber ist unser neuer Department Sprecher

Am Department für Interdisziplinäre Lebenswissenschaften gibt es seit heute einen neuen Departmentsprecher: Univ.-Prof. Dr.rer.nat. Ludwig Huber übernimmt diese Funktion von Univ.-Prof. Leonida Fusani, PhD, der sie drei Jahre lang ausgeübt hat. Ludwig Huber wurde von den Professor:innen des Departments vorgeschlagen und mittlerweile von der Rektorin bestellt. Die Funktionsperiode ist 3 Jahre: 1. März 2023 bis 28. Februar 2026. Zu seinen Stellvertreter:innen wurden KLIVV-Leiter Leonida Fusani (1.) und FIWI Leiterin Claudia Bieber (2.) gewählt. Mit einer geplanten Umstrukturierung der Vetmeduni kommen auf uns herausfordernde Zeiten zu. Schon bei der Erstellung des Entwicklungsplans (während des Sommers) und der darin festgelegten Forschungsschwerpunkte und -felder sowie der Profillinien werden wichtige Weichen für die Zukunft gestellt. Ludwig Huber plant, am Department nicht nur die vierteljährlichen Departmentkonferenzen der Professor:innen zu halten, sondern auch einmal jährlich eine Departmentversammlung, zu der alle Angehörigen des Departments eingeladen werden, zu organisieren. Diese Zusammenkünfte werden das Ziel haben, strukturelle Entscheidungen für das Department zu treffen und zwischen den Fachgebieten zu koordinieren, sowie um die Departmentangehörigen zu informieren und das Department betreffende allgemeine Angelegenheiten zu beschließen. 

Wir heißen unseren neuen Departmentsprecher Ludwig Huber herzlich willkommen und bedanken uns gleichzeitig bei Leonida Fusani für seine wunderbaren Dienste. 

Über Ludwig Huber

2023-03-01

Weiblicher Kampf um Nistplätze reduziert den Fortpflanzungserfolg

Der Wettbewerb zwischen Weibchen ist normalerweise weniger offenkundig aggressiv als der zwischen Männchen, kann aber dennoch negative Folgen haben. Beispielsweise, wenn Weibchen Schlüsselressourcen benötigen, um sich erfolgreich fortzupflanzen. Eine nun in der Fachzeitschrift „The American Naturalist“ erschienene Studie der Veterinärmedizinischen Universität Wien und der Universität Liverpool (UK) untersuchte deshalb anhand von Mäusen, inwieweit sich der Kampf um Nistplätze auf den Fortpflanzungserfolg auswirkt und ob dies durch kooperatives Verhalten beeinflusst wird.

Die weibliche Fortpflanzung wird oft durch den Zugang zu begrenzten Ressourcen wie sicheren Nistplätzen oder Territorien eingeschränkt. Die aus dem Wettbewerb um Nistplätze und deren Verteidigung resultierende Ressourcenkonkurrenz ist eine Form der sozialen Konkurrenz, die unter Säugetieren und anderen Wirbeltieren weit verbreitet ist und zu sozialem Wettbewerb sowohl innerhalb von als auch zwischen Verwandtschaftsgruppen führen kann. Dies hat wichtige Konsequenzen für Sozial- und Fortpflanzungssysteme und für die Populationsdynamik. Trotz dieser weitreichenden Bedeutung sind die evolutionären Folgen des weiblichen Ressourcenwettbewerbs bislang jedoch noch weitgehend unerforscht.

Fortpflanzungserfolg, Ressourcenverfügbarkeit und familiäre Zusammenarbeit

Eine soeben veröffentlichte Studie der Vetmeduni untersuchte deshalb anhand von Mäusen (Mus musculus domesticus) eine empirisch bisher nicht getestete Theorie, laut der sowohl die Ressourcenverfügbarkeit als auch die familiäre Verbundenheit den Fortpflanzungserfolg beeinflussen. In ihrem Experiment untersuchten die Forscher:innen zum einen die reproduktiven Kosten der Verteidigung der begrenzten Ressource „Nistplätze“ und zum anderen ob diese Kosten durch kooperatives Verhalten beeinflusst werden.

Nachteilige Folgen der Ressourcenkonkurrenz

„Unsere Ergebnisse unterstützen die Hypothese, dass der Wettbewerb um Nistplätze zwischen Weibchen nachteilige Folgen für den Fortpflanzungserfolg hat. Wenn die Verfügbarkeit geschützter Nistplätze begrenzt war, waren die von uns untersuchten Mausweibchen aktiver, reagierten stärker auf das Eindringen in ihr Territorium und brachten kleinere Nachkommen hervor“, so Studien-Erstautor Stefan Fischer vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni zu den zentralen Studienergebnissen. Zudem hatten gemeinschaftlich brütende Geschwistertiere weniger Nachkommen, wenn sie mit nicht verwandten Weibchen konkurrierten. Andererseits fanden die Wissenschafter:innen keine Hinweise darauf, dass sich die Bereitschaft zur Kooperation innerhalb einer Sippe durch die Konkurrenz mit anderen nicht verwandten Tieren erhöhte.

Der Artikel „Fitness costs of female competition linked to resource defense and relatedness of competitors“ von Stefan Fischer, Callum Duffield, Amanda J. Davidson, Rhiannon Bolton, Jane L. Hurst und Paula Stockley wurde in „The American Naturalist“ veröffentlicht.

Wissenschaftlicher Artikel

 

2023-02-06

 

Wie erklärt man ehrliche Signale?

Tiere produzieren oft ehrliche Signale, was aus evolutionärer Sicht rätselhaft ist. Ein kürzlich veröffentlichter Artikel stellt eine neue Methode zur Konstruktion mathematischer Modelle vor, die ausreichend komplex sind, um Theorien über die Entwicklung ehrlicher Signale zu untersuchen und zu testen. Darüber hinaus bestätigt dieses Modell das Argument der Autoren, dass das Handicap-Prinzip – die Lehrbucherklärung für ehrliches Signalisieren – vollständig abgelehnt werden kann.

Tiere produzieren eine erstaunliche Vielfalt an Signalen, darunter das bunte Gefieder von Pfauen, das Brüllen von Brunfthirschen, laute Bettelrufe von Küken, das Stottern von Gazellen und Duftmarken und Pheromone von männlichen Mäusen. Diese Signale sind oft ehrlich oder zuverlässig, was überraschend ist, da Täuschung von Vorteil sein kann. Wenn sich Täuschung ausbreitet und alltäglich wird, werden die Signale ignoriert und die Kommunikation bricht zusammen. Wie erhält also die natürliche Selektion die Ehrlichkeit aufrecht? Was verhindert die Verbreitung unehrlicher Signale?

Zahavi argumentierte, dass Signale ehrlich seien, weil ihre Herstellung kostspielig sei. Es sind die Kosten oder die Verschwendung eines Signals, die es unmöglich machen, ein gefälschtes Signal zu erzeugen. Er nannte diese Idee das "Handicap-Prinzip", und sein Vorschlag wurde weithin akzeptiert, nachdem Grafen sein "strategisches Handicap" -Modell veröffentlicht hatte, von dem er behauptete, es bestätige das Handicap-Prinzip.

Dustin Penn (Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung, Vetmeduni Vienna) und Szabolcs Számadó (Budapest University of Technology and Economics) arbeiten seit mehreren Jahren gemeinsam an diesem theoretischen Problem. Sie haben zuvor gezeigt, warum Grafens und andere Vorgängermodelle falsch interpretiert wurden. Sie haben sich kürzlich mit zwei anderen Theoretikern zusammengetan, um ein neues Modell zu konstruieren, um die überraschende Komplexität von Signalspielen zu analysieren. Neben der Bereitstellung einer neuen Methode zur Konstruktion komplexerer und allgemeinerer Modelle zeigen ihre Analysen, warum die Signalkosten für die Erklärung von Ehrlichkeit irrelevant sind.

Mathematische Signalspiele wurden ursprünglich aus der Ökonomie übernommen und wurden oft verwendet, um die Evolution von Tiersignalen und Pflanzen-Bestäuber-Interaktionen zu modellieren. Diese Signalspiele waren jedoch viel zu einfach, weil sie nur die Evolution des Signalsenders berücksichtigten, den Signalempfänger aber ignoerierten. Diese:r kann aber Entscheidungen treffen, wie auf das Signal zu reagieren ist. Daher werden Modelle benötigt, um komplexere Signalisierungsspiele zu untersuchen und dieses Problem der doppelten Optimierung einzubeziehen.

Das neue Modell von Szamado und Kollegen bietet einen neuartigen und allgemeinen Ansatz zur Berechnung von Kostenfunktionen und zur Bestimmung, wie sich ein Signal entwickelt und ein stabiles evolutionäres Gleichgewicht erreicht. Die Autoren verwendeten ihr Modell, um übermäßig vereinfachte Signalisierungsspiele erneut zu untersuchen, die zuvor zur Untersuchung von Ehrlichkeit in sexuellen Signalen und Bettelrufen von Nachkommen verwendet wurden. Dabei handelt es sich um asymmetrische Signalisierungsmodelle, da der Sender mehr Informationen über seinen Zustand hat als der Empfänger (ähnlich wie beim Kauf eines Gebrauchtwagens unbekannter Qualität). Die Ergebnisse zeigen, dass sich unendlich viele Signale entwickeln können, die ehrlich sind, einschließlich kostenfreier Signale, die nur Vorteile haben.

Dieses neue Modell zeigt, dass ehrliche Signale entgegen dem Handicap-Prinzip nicht teuer sein müssen. Dieses Ergebnis bestätigt das Argument von Penn und Szamado, dass Grafens Modell falsch interpretiert wurde; es ist kein Modell des Handicap-Prinzips. Ehrliche Signale entwickeln sich in diesem Modell nicht wegen der Kosten des Signals, sondern wegen eines bestimmten Kompromisses, einer Einschränkung, die irreführende Signale kostspielig und Ehrlichkeit vorteilhaft macht.

Somit bestätigt dieses neue theoretische Modell, dass das Handicap-Prinzip vollständig verworfen werden kann. Darüber hinaus bietet es eine neue Methode zum Testen von Ideen über die Entwicklung ehrlicher Signale. Die Autoren weisen darauf hin, dass dies angesichts der zunehmenden Verbreitung von Fehlinformationen, die zu einem der wichtigsten Probleme unserer Spezies geworden sind, ein ziemlich aktuelles Thema ist.

Der Artikel "Honesty in signalling games is maintained by trade-offs rather than costs" von Szabolcs Számadó, István Zachar, Dániel Czégel und Dustin J. Penn wurde in BMC Biology veröffentlicht.

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Siehe auch den Kommentar in Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) "The peacock’s tail and other flashy ornaments don’t have to come at a cost"

2023-01-30

Geographische Variation und nichtadditive Wirkungen von Pyrazinen bei der chemischen Abwehr einer aposematischen Motte

Die chemische Abwehr variiert oft innerhalb und zwischen Populationen sowohl in Quantität als auch in Qualität, was verwirrend ist, wenn das Überleben der Beute von der Stärke der Abwehr abhängt.

Ein internationales Forscherteam unter der Leitung von Cristina Ottocento vom Fachbereich Biologie und Umweltwissenschaften der Universität Jyväskylä, Finnland, unter Beteiligung von Bibiana Rojas vom Konrad-Lorenz-Institut für Ethologie und anderen, untersuchte die Variabilität von Chemikalien innerhalb und zwischen Populationen Abwehr der Waldtigermotte (Arctia plantaginis). Die Hauptbestandteile seiner Abwehr, SBMP (2-sec-Butyl-3-methoxypyrazine) und IBMP (2-isobutyl-3-methoxypyrazine), sind flüchtige Stoffe, die Vogelangriffe abschrecken.

Sie stellten die Hypothese auf, dass (1) Unterschiede in der chemischen Abwehr männlicher Waldtigermotten den lokalen Prädationsdruck widerspiegeln; (2) beobachtete Unterschiede in Quantität und Qualität der Verteidigung zwischen Populationen haben eine genetische Grundlage; und (3) zunehmende Konzentrationen von SBMP und IBMP werden größere aversive Reaktionen bei Raubtieren hervorrufen, wobei die beiden Pyrazine eine additive Wirkung auf die Vermeidung von Raubtieren haben.

Sie fanden heraus, dass die chemische Abwehr wilder Motten teilweise die lokale Raubtierauswahl widerspiegelt: Populationen mit hohem Prädationsdruck (Schottland und Georgien) hatten eine stärkere chemische Abwehr, aber keine geringere Varianz als die Populationen mit geringer Prädation (Estland und Finnland). Basierend auf den gemeinsamen Gartenergebnissen scheinen sowohl genetische als auch Umweltkomponenten die Stärke der chemischen Abwehr in Mottenpopulationen zu beeinflussen. Darüber hinaus stellten sie fest, dass IBMP allein keinen Schutz gegen Raubvögel bot, sondern nur in Kombination mit SBMP gegen Vogelangriffe wirkte, und während SBMP bei höheren Konzentrationen wirksamer war, war IBMP dies nicht.

Insgesamt deutet dies darauf hin, dass mehr nicht immer besser ist, wenn es um die Pyrazinkonzentration geht, was unterstreicht, wie wichtig es ist, die Wirksamkeit der chemischen Abwehr und ihrer Komponenten mit relevanten Raubtieren zu testen, da die Extrapolation aus chemischen Daten möglicherweise nicht ganz einfach ist.

Der Artikel "Not just the sum of its parts: Geographic variation and nonadditive effects of pyrazines in the chemical defence of an aposematic moth" von Cristina Ottocento, Anne E. Winters, Bibiana Rojas, Johanna Mappes und Emily Burdfield-Steel wurde im Journal of Evolutionary Biology veröffentlicht.

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2023-01-17

Vögel: Zugunruhe durch Hormonrausch

Die weiten saisonalen Reisen von Zugvögeln sind ein bekanntes Phänomen. Doch welche hormonellen Vorgänge stecken dahinter? Eine aktuelle Studie des Konrad-Lorenz-Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung der Veterinärmedizinischen Universität Wien identifiziert stark steigende Spiegel des Hormons Ghrelin als wesentlichen, auslösenden Faktor. Den bisher vermuteten und in anderen Studien nachgewiesenen Zusammenhang mit dem Hormon Corticosteron konnte die soeben veröffentlichte Forschungsarbeit jedoch nicht bestätigen.

Zugvögel zeigen spektakuläre physiologische Anpassungen, um die Langstreckenflüge zwischen ihren Brut- und Überwinterungsgebieten zu bewältigen. Als Hauptenergiequelle verwenden sie vor ihren Zugflügen aufgebaute Fettreserven. Sowohl bei in Gefangenschaft gehaltenen als auch bei frei lebenden Vögeln zeigt sich der Zugphänotyp – also das veränderte körperliche Erscheinungsbild – durch eine schnelle und deutliche Zunahme der Nahrungsaufnahme und Energiezufuhr sowie durch Änderungen der Nachtaktivität und ein unruhigeres Verhalten. Zu den dafür verantwortlichen hormonellen Mechanismen gibt es bislang jedoch nur wenig gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse.

Hormon Ghrelin macht Wachteln fit für weite Flüge

Ein internationales Forschungsteam unter Leitung des Konrad-Lorenz-Instituts für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni prüfte deshalb nun anhand von Wachteln (Coturnix coturnix) die Hypothese, inwieweit das Hormon Corticosteron und das im Darm produzierte Hormon Ghrelin beim Vogelzug eine Rolle spielen. Für ihren Versuch setzten die Forscher:innen Wachteln einer kontrollierten Änderung der Tageslänge aus, um einen Herbstzug gefolgt von einer Überwinterungsphase zu simulieren. Danach verglich das Forschungsteam die Corticosteron- und Ghrelin-Konzentrationen und bewertete, ob diese beiden metabolischen Hormone zwischen den Migrationszuständen variieren.

„In Übereinstimmung mit unseren Annahmen fanden wir heraus, dass das Auftreten des Zugphänotyps mit höheren Konzentrationen von Ghrelin verbunden ist. Außerdem korrelierte Ghrelin mit Veränderungen der Körpermasse der Vögel, und zwar sowohl bei der Vorbereitung auf ihren herbstlichen Zug als auch beim Eintreten in die Überwinterungsphase“, erklärt Studien-Erstautorin Valeria Marasco vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni.

Keine Korrelation von Corticosteron und Zugunruhe

Entgegen ihren Vorhersagen beobachteten die Forscher:innen allerdings keine Korrelation zwischen den im Blutkreislauf zirkulierenden Spiegeln von Ghrelin und Corticosteron. Zudem konnten die Wissenschafter:innen beim Zugphänotyp keine erhöhten Corticosteron-Spiegel nachweisen. „Auch mit Veränderungen der Körpermasse, der Nahrungsaufnahme oder der damit einhergehenden Zugunruhe – also dem unruhigen Verhalten der Vögel vor ihrem Herbstzug – zeigte Corticosteron keine statistisch relevante Korrelation“, so Studien-Letztautor Leonida Fusani, Leiter der Abteilung für Ornithologie am Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung der Vetmeduni.

Der Artikel „Ghrelin, not corticosterone, is associated with transitioning of phenotypic states in a migratory Galliform“ von Valeria Marasco, Hiroyuki Kaiya, Gianni Pola und Leonida Fusani wurde in „frontiers“ veröffentlicht.

 

Wissenschaftlicher Artikel

 

2023-01-11