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Das Luchs-Jahr 2018 hat begonnen. Die böhmisch-bayrisch-österreichische (BBA) - Population wird dabei von 3 Staaten systematisch überwacht

Wien, 1. Mai 2018

Österreich, die tschechische Republik und Bayern (Deutschland) haben im Sommer 2017 ein Abkommen unterzeichnet, in dem eine langfristige Zusammenarbeit im Monitoring und Management der böhmisch-bayrisch-österreichischen (BBA) Population des Eurasischen Luchs beschlossen wurde. Die Ergebnisse, des in Zukunft nach systematischen und vereinheitlichten Standards durchgeführten Luchs-Monitorings ermöglichen eine zuverlässige Beurteilung des Erhaltungszustandes der Art und damit die anschließende Planung und Durchführung notwendiger Maßnahmen, um den Eurasischen Luchs in seinem Verbreitungsgebiet langfristig und nachhaltig  schützen zu können. Mit Anwendung der komplexen Monitoringstrategie eröffnen sich Möglichkeiten verbesserte Einblicke und Informationen zu Verhalten und Raumnutzung (Reviergröße und Streifgebiet) jedes einzelnen Tieres innerhalb der Population zu erhalten.  Die Bemühungen sollen zudem für die südostalpine und dinarische Population in Italien und Slowenien umgesetzt werden, die ebenfalls Partner im Projekt sind.

Am 1. Mai beginnt  ein neues  „Luchsjahr“, das vom 1. Mai bis 30. April des folgenden Jahres, also dem Zeitraum der Geburt des Luchsnachwuchses bis zur Entwöhnung von der Mutter im Folgejahr der erneuten Ranzzeit im Februar/März, dauert. Dieser Zeitraum erlaubt eine aussagekräftige Beurteilung und annähernde Einschätzung des gesamten Luchsvorkommens. So ist es zu Beginn des „Luchsjahres“ möglich, Weibchen mit Jungtieren zu beobachten, die am Ende des betreffenden Luchsjahres selbstständig werden und abwandern. Anschließend kann im Februar/März des Folgejahres sowohl das Populationswachstum, als auch die Gesamtzahl individueller Tiere zuverlässig bewertet werden.

 

Identifikation von Individuen durch Fotos

Luchse sind aufgrund ihrer, von Individuum zu Individuum, einzigartigen Fellzeichnung zumeist gut voneinander zu unterscheiden.  So ist es durch regelmäßige Auswertung der von Kamerafallen aufgenommenen Individuen möglich, Aussagen zu Habitatnutzung und Migration/Dispersion der einzelnen Tiere zu treffen Des Weiteren kann analysiert werden, welche Individuen vermutlich zusammen für Nachwuchs gesorgt haben, oder - bei längerem Ausbleiben von mit der Kamerafalle erbrachten Nachweisen – als abgängig vermutet werden müssen. „Die Möglichkeit, individuelle Luchse auf Kamerafallen-Fotos identifizieren zu können, gibt uns die Möglichkeit mehr Informationen über die heimlich lebende und nur schwer zu erfassende  Art und ihre Ökologie zu erhalten. Bei anderen großen Beutegreifern, wie z.B. Bären oder Wölfen, ist das nicht so einfach“, sagt Simona Poláková vom tschechischen Umweltministerium, das die Leitung im 3Lynx Projekt übernommen hat.  Auf der anderen Seite erfordert die individuelle Identifikation von Luchsen anhand der Nachweisfotos, einen hohen Zeitaufwand bei der makroskopischen Analyse der Bilder.

 

Kerngebiete und Wandergebiete der "3Lynx" Luchse

Die BBA-Population wandert und besetzt Reviere zwischen Böhmerwald in der Tschechischen Republik, Fichtelgebirge, Oberpfälzer und Bayrischer Wald in Deutschland, sowie dem österreichischen Teil des Böhmerwaldes, bzw. im Bereich Stern- und Freiwald (Oberösterreich).  Die Nationalparks Böhmerwald und Bayerischer Wald bilden dabei das Kerngebiet des Luchsvorkommens, hier leben schätzungsweise 60 bis 80 Luchse. Aus früheren Untersuchungen geht hervor, dass nur selten ein Tier seinen gesamten Lebenszeitraum in einem einzigen Land verbringt, vielmehr wandert die Art über geographische und politische Grenzen hinweg. Für eine zuverlässige Bestandsaufnahme ist es daher notwendig, lückenlose Informationen aus dem gesamten Verbreitungsgebiet der Population zu erhalten, um Wanderungen einzelner Tiere effektiv und transparent verfolgen zu können. Zum Beispiel wurde der Luchs Luděk in der Umgebung von Prachatice und Boletice (CZ) geboren, migrierte später nach Linz im österreichischen Verbreitungsgebiet der Population und bewohnt heute ein Revier im Gebiet von Novohradské hory in der Tschechischen Republik.

Innerhalb des 3Lynx-Projekts werden von einem Team aus Biologen, Ökologen sowie involvierten Interessengruppen, wie Förstern und Jägern im gesamten Verbreitungsgebiet der Population, Fotofallen an geeigneten Stellen und Strukturen, die vom Luchs frequentiert werden oder potenziell genutzt werden können, aufgestellt. Zudem arbeiten die beteiligten Projektpartner an einer Online-Datenbank, die einen Datenaustausch und eine gemeinsame Nutzung der Nachweisdaten (Kamerafallenfotos, sowie direkte und indirekte Anwesenheitsnachweise wie Totfunde, Risse, bzw. Haare, Kot und Spuren/Trittsiegel)  vorsieht.  Anschließend können Individuen anhand der zentral in der Datenbank gesammelten Nachweise unabhängig und schneller identifiziert und Datenanalysen vereinfacht und beschleunigt werden. Dies verbessert die Möglichkeit, Raumnutzung, Wander- und Sozialverhalten (z.B. hinsichtlich Reproduktion) der nachgewiesenen Luchse effizienter zu überwachen.  Die anschließende Datenanalyse ermöglicht Aussagen und Informationen zur gesamten Populationsgröße zu treffen, bzw. auf Basis genetischer Analysen von gefundenen Haar- und Kotproben Verwandschaft und genetische Variabilität innerhalb der Population zu bestimmen.

 

Grenzübergreifende Zusammenarbeit

„Die internationale Zusammenarbeit ist für den Schutz von großen Beutegreifern in Europa unerlässlich. Im Falle des geplanten und bereits in der Implementierung befindlichen Monitoring und Datenaustausches zur böhmisch-bayrisch-österreichischen Luchspopulation wurde das Abkommen vom tschechischen Umweltministerium, der Regierung von Oberösterreich und dem Bayerisches Landesamt für Umwelt unterzeichnet, zudem sind die Naturschutzbehörde der Tschechischen Republik, die Nationalparkverwaltung Šumava, das Umweltbundesamt und die Nichtregierungs-organisationen Alka Wildlife sowie das Grüne Herz Europas als Fachspezialisten in das Monitoring involviert.  Sie alle beteiligen sich aktiv an den Bemühungen zum langfristigen Schutz der böhmisch-bayrisch-österreichischen Luchspopulation“, sagt Jan Šíma, Direktor der Abteilung für Artenschutz des tschechischen Umweltministeriums.

Im 3Lynx – Projekt werden die Monitoringaktivitäten innerhalb der drei Länder durch das  INTERREG Central Europe – Programm ko-finanziert, das gesamte Projektbudget beträgt 2.318.783 EUR. 11 Partner aus 5 Ländern (Tschechische Republik, Deutschland, Österreich, Italien, Slowenien) beteiligen sich an dem Projekt, dabei sind sowohl staatliche Behörden (Tschechisches Umweltministerium, NP Sumava, Naturschutzbehörde der Tschechischen Republik, Landesamt für Umwelt Bayern, Landesregierung Oberösterreich, Forstbehörde Slowenien), wissenschaftliche Einrichtungen (Forschungsinstitut für Wildtierkunde und Ökologie, Veterinärmedizinische Universität Wien) sowie Nichtregierungsorganisationen (Alka Wildlife (CZ), WWF Deutschland (DE), Progetto Lince Italia (IT), Grünes Herz Europa (AT)) als Projektpartner beteiligt. Zusätzlich wird aufgrund der langfristigen Zusammenarbeit mit Slowenien, die veterinärmedizinische Fakultät der Universität Zagreb als nahestehender Partner im 3Lynx- Projekt beteiligt sein.