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WSC Welpen Nachwuchs
Das Wolfsforschungszentrum (WSC), angesiedelt im Wildpark Ernstbrunn in Niederösterreich, ist eine weltweit einzigartige Forschungseinrichtung der Vetmeduni. 3 kleine Wolfswelpen, Meeko, Kaya und Aiyana, sind vor einigen Wochen eingezogen – ein besonderes Ereignis für das WSC. Marianne Heberlein, die wissenschaftliche Leiterin, erzählt im Gespräch mit VETMED von den jüngsten tierischen Bewohnern am WSC.
VETMED: Am WSC ist der langersehnte Nachwuchs eingezogen. Wie geht es den 3 Wolfswelpen?
Marianne Herberlein: Ja genau, die 3 kleine Wolfswelpen halten uns ordentlich auf Trab. Meeko ist mit seiner Schwester Kaya zusammen zu uns gekommen und kurz darauf hat Aiyana, das kleine schwarze Energiebündel, die beiden ergänzt.
Den Kleinen geht es sehr gut, sie legen jeden Tag ordentlich an Gewicht zu und erkunden mit viel Energie ihr Gehege. Es gibt für die 3 viel Spannendes zu entdecken: Zum Beispiel ist an ein paar Stellen das Gras so hoch, dass sie darin verschwinden und man nur noch an den Bewegungen der Grasenden erkennen kann, wo sie sich gerade durch den "Dschungel" kämpfen. An einer anderen Stelle im Gehege befinden sich Baumstämme, auf denen die 3 schon fleißig herumklettern und wieder an einer anderen Stelle gibt es zwei kleine Höhlen unter einer Wurzel eines Baumes, welche zum Ausruhen verleiten. Langweilig ist den kleinen Entdeckern und damit uns Menschen nie!
VETMED: Woher stammen die Welpen und wieso werden am WSC nicht selbst Wölfe gezüchtet?
Marianne Herberlein: Die Welpen stammen aus Wildparks und Zoos aus der EU und dürfen ihr Leben bei uns verbringen. Am Wolfsforschungszentrum züchten wir selbst nicht. Um Nachzuchten zu verhindern, haben alle unsere Rüden eine Vasektomie. Dies ist für uns die ideale Form der Verhütung, denn durch die Vasektomie bleiben die Rüden hormonell intakt und ihr Verhalten wird dadurch nicht beeinflusst. Das ist für die Forschung, aber auch für die soziale Interaktion zwischen den Tieren zentral.
Es gibt zwei Hauptgründe, warum die Wölfe am WSC keinen Nachwuchs bekommen: Als wissenschaftliche Forschungseinrichtung achten wir besonders auf eine möglichst große genetische Vielfalt zwischen den einzelnen Tieren. Aus Perspektive der Wissenschaft ist es wichtig, dass familienspezifische Ergebnisse vermieden werden, denn wie auch bei uns Menschen, sind Unterschiede zwischen verschiedenen Wolfsfamilien erkennbar.
Der wichtigste Grund ist jedoch die Handaufzucht. Alle Wölfe am WSC werden ab einem Alter von wenigen Tagen mit der Hand aufgezogen, das heißt sie werden rund um die Uhr für etwa 5 Monate von den Tiertrainer:innen betreut. Wölfe haben eine natürliche Scheu vor dem Menschen. Damit sie entspannt im nahen Umfeld des Menschen an wissenschaftlichen Studien teilnehmen können, müssen sie von klein auf intensiv mit dem Menschen sozialisiert werden. Bekommen wir Welpen von einem anderen Zoo, so nehmen wir nur einen Teil des Wurfes und Welpen verbleiben bei der Mutter. Natürlich ist die Mutter zunächst aufgeregt (Menschen waren beim Bau), aber sobald sie bei ihren verbleibenden Welpen ist, beruhigt sie sich und kümmert sich um diese, wobei sie nicht nach den weggenommenen Welpen sucht. Allerdings werden die entnommenen Welpen auch sofort weggebracht und wir begeben uns auf die Reise zurück an das WSC, wobei die Welpen dann au?er Geruchs- und Hördistanz sind. Bei Welpen, welche am WSC geboren würden, wäre diese notwendige Distanz nicht gegeben und die Mütter würden ihre Kleinen immer hören und riechen, was für die Mütter konstanter Stress bedeuten würde.
VETMED: Kann man in diesem früher Alter schon Unterschiede im Charakter der Wölfe erkennen?
Marianne Herberlein: Oh ja. Die Welpen weisen vom ersten Moment an einen eigenen Charakter auf. Beispielsweise ist Meeko sehr sanft und ruhig, aber seine Schwester Kaya ist ein sehr mutiges und exploratives Energiebündel. Aiyana wiederum ist unglaublich lustig und wir haben oft den Eindruck, dass sie alles mit sehr viel Humor macht. Gleichzeitig ist sie aber die Schreckhafteste, auch wenn sie es oft zu verstecken versucht.
Die 3 Kleinen werden sich natürlich weiterentwickeln und sich im Laufe der Zeit verändern. Wir sind schon sehr gespannt darauf, wie es mit ihnen weitergeht und was sie uns noch für Überraschungen zu bieten haben.
VETMED: Die Jungwölfe werden per Hand aufgezogen und rund um die Uhr betreut, um ihnen die Angst vor dem Menschen zu nehmen. Wie sieht ein Tag mit den jüngsten Bewohnern des WSC aus?
Marianne Herberlein: Wölfe zeigen grundsätzlich eine natürliche Scheu vor dem Menschen. Dies ist für das Überleben in freier Natur sehr wichtig, aber im Leben, nahe beim Menschen, ein Nachteil. Am WSC werden Wölfe (und Hunde) erforscht. Das bedingt auch, dass ihnen verschiedenen wissenschaftliche Fragen gestellt werden, wobei der Mensch immer in der Nähe ist. Ein nicht mit dem Menschen sozialisierter Wölfe würde sich in solchen Situationen unwohl fühlen und aufgrund des entstehenden Stresses könnte das Tier nicht sein eigentliches Potential zeigen, was wiederum die Qualität der Forschung stark negativ beeinflussen würde. Aus diesem Grund ziehen wir die Wölfe von Hand auf und betreuen sie 24h am Tag für fast 5 Monate.
An der Aufzucht beteiligt sich das gesamte Team der Tiertrainer:innen des Wolfsforschungszentrums und damit können wir uns auch bei der Betreuung sehr gut abwechseln. Ein Tag mit den Welpen ist immer anders, wodurch es nie langweilig wird. Es gibt aber ein paar zentrale Fixpunkte wie das Füttern der Welpen. Zu Beginn der Aufzuchtzeit sind die Welpen ca. alle 2 Stunden hungrig, egal ob am Tag oder in der Nacht. Die Häufigkeit des Fütterns nimmt dann mit der Zeit ab, wobei immer mehr Zeit ins Spielen und Erkunden der Umgebung fließt. Für die Menschen, welche in die Aufzucht involviert sind, bedeutet die Zeit vor allem putzen! Wölfe werden nicht so wie Hunde “stubenrein”, d.h. immer, wenn sie wach werden, kann man sicher sein, dass man gleich wieder putzen darf.
VETMED: Vor zwei Jahren sind Hundewelpen ans WSC gekommen. Wie werden sie im Vergleich zu Wölfen aufgezogen?
Marianne Herberlein: : Das Ziel einer Aufzucht ist es, die Jungtiere möglichst optimal auf ihr zukünftiges Leben im Gehege am WSC vorzubereiten. Das bedeutet insbesondere, dass Hunde und Wölfe ohne ersichtlichen Stress durch die “Abwesenheit” des Menschen im Gehege leben können (der Mensch ist nur noch während des Tages für die Tiere da). Hunde und Wölfe haben bezüglich der Vorbereitung auf dieses Leben unterschiedliche Bedürfnisse. Während Wölfe in der Regel auch nach einer intensiven sozialisierung mit dem Menschen mit anderen Wölfen zusammen sehr zufrieden sind, würde die idente Aufzucht bei den Hunden für sehr viel Stress im Erwachsenenalter führen, da sich Hunde sehr schnell und sehr stark an den Menschen binden. Das bedeutet, dass wir die Hunde ganz vorsichtig und stetig auf das Leben im Gehege vorbereiten müssen, in dem wir ihnen beibringen, immer länger ohne den Menschen zu sein. Dies geschieht in ganz kleinen Schritten, in denen die Hundewelpen lernen, dass sie immer wieder für unterschiedliche Zeitdauern (zu Beginn nur ein paar Minuten) ohne den Menschen sein müssen. Mit Geduld funktioniert dieser Prozess ganz gut.
VETMED: Ab welchem Alter nehmen die Tiere an wissenschaftlichen Forschungsprojekten teil?
Marianne Herberlein: Zu welchem Zeitpunkt die Jungtiere an einer Studie teilnehmen hängt von der Studie ab und davon, was die Tiere leisten müssen. Grundsätzlich gilt, dass die Tiere zu keinem Zeitpunkt einen physischen oder psychischen Schaden nehmen dürfen. Je nach Thema nehmen die Kleinen schon ab ihrem ersten Tag an der Forschung teil. Dies kann z.B. bedeuten, dass Proben (Kot, Urin, Speichel) von ihnen gesammelt werden oder wir ihre Entwicklung genauestens beobachten (Wann beginnen sie zu heulen? Wie entwickelt sich das Spielverhalten? etc.)
VETMED: Was ist der größte Unterschied in der Arbeit mit Wölfen und Hunden?
Marianne Herberlein: Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, denn es gibt doch ein paar wesentliche Unterschiede in der Arbeit mit Hund und Wolf. Der größte Unterschied ist aber vermutlich, dass man bei einem Wolf beim Arbeiten gedanklich noch präsenter als bei einem Hund sein muss. Ein Wolf ist durchschnittlich schreckhafter als ein Hund, d.h. man muss immer sehr vorausschauend arbeiten. Dazu kommt, dass ein Wolf, vor allem während der Pubertät, sehr viel “Lustiges” ausprobiert, z.B. wie er Futter aus der Tasche ergattern könnte oder wie er einen Gegenstand, der nicht für ihn gedacht ist, erobern kann (z.B. ein Teil eines Testgerätes).
VETMED: Seit 15 Jahren arbeiten Sie schon mit Wölfen und Hunden. Was fasziniert Sie besonders an den Tieren?
Marianne Herberlein: Der Wolf ist für mich eine extrem spannende Tierart, welche noch viele offene Fragen zum Erforschen bietet. Es sind unglaublich anpassungsfähige Tiere, die in unterschiedlichen Habitaten leben sowie überleben können und sie zeigen eine sehr große soziale Intelligenz. Neben dem Erforschen dieser Tierart kann man von ihnen auch sehr viel für sich selbst und über sich selbst lernen. Nicht selten kommt es vor, dass wir beim Arbeiten mit den Wölfen einen Spiegel vorgehalten bekommen. Ist man selbst abgelenkt, aufgeregt oder sogar unsicher, nimmt das der Wolf wahr und spiegelt einem seinen eigenen Zustand. Oft ist es auch so, dass wenn man dem Tier nicht seine ungeteilte Aufmerksamkeit widmet, es einfach entscheidet, an diesem Tag nicht mitzumachen. Hunde sind diesbezüglich meist etwas großzügiger.
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Pat:innen sind unverzichtbare Partner:innen für das Wolfsforschungszentrum und seine einzigartige Forschung. Ob Patenschaft oder Freundschaft – jeder kann einen wichtigen Beitrag zum Wohlergehen der Wölfe und Hunde leisten. Schon ab 7 Euro monatlich sind Sie dabei. Patenschaften bzw. Freundschaften eignen sich auch hervorragend als Geschenk.
Alle Infos zum Patenschaftsprogramm finden Sie hier: www.wolfscience.at/patenschaften
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