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Universität

Was ist drinnen im Heu? Heuanalyse für eine sichere Pferdeernährung

Gutes Heu ist das A und O für eine gesunde Pferdeernährung. Doch was genau ist „gutes“ Heu und woran erkennt man es? Am Zentrum für Tierernährung und Tierschutzwissenschaften der Vetmeduni werden regelmäßig Heuanalysen durchgeführt. Dabei geht es in erster Linie um eine Beurteilung mit den eigenen Sinnen.

Manfred Hollmann riecht am Heu
Thomas Suchanek/Vetmeduni

Manfred Hollmann vom Zentrum für Tierernährung und Tierschutzwissenschaften bei der grobsinnlichen Heuuntersuchung.

„Pro Jahr erreichen uns rund 140 Heuproben zur Auswertung. Pferdehalter:innen schicken diese Proben einerseits zur routinemäßigen Überprüfung des Heus und andererseits wenn die Pferde Symptome einer Krankheit oder Vergiftung zeigen“, sagt Manfred Hollmann. Der Veterinärmediziner arbeitet am Zentrum für Tierernährung und Tierschutzwissenschaften und ist dort für die Analyse von Heu bzw. Grundfuttermitteln zuständig und in der Lehre tätig. Im Lager stapeln sich Kisten und Schachteln mit den unterschiedlichsten Heuproben, die eingeschickt wurden und untersucht werden müssen. Wichtigstes Arbeitswerkzeug dafür ist vor allem die Sinnesprüfung.

Fühlen, Riechen, Sehen

Neben dem Futterwert (Verdaulichkeit) des Heus spielt dessen hygienischer Wert eine besondere Rolle. Beides lässt sich unter dem Einsatz der eigenen Sinne gut beurteilen. Bei der systematischen Betrachtung des Heus kommt es auf einzelne Parameter wie Farbe, Futterstruktur oder Verunreinigungsgrad an. Diese und weitere Merkmale werden mittels Punktevergabesystem beurteilt. Manfred Hollmann greift dazu mit beiden Händen in eine Heuprobe. Wie fühlt sich das Heu an? Piksen Stängel in die Handflächen oder fühlt es sich klamm, gar leicht feucht an? Die Bewertung der Struktur und des Gefüges des Heus sind bei der sogenannten grobsinnlichen Heuuntersuchung ebenso essenziell wie die Beurteilung des Heugeruchs und dessen Farbe. „Der direkte Vergleich zeigt es“, erklärt Manfred Hollmann. „Schon anhand der Farbe kann man gutes von schlechtem Heu unterscheiden. Ein hell- bis olivgrüner Farbton bei getrocknetem Heu ist ideal. Ist es hingegen braun oder schwärzlich, weist das auf ein qualitativ minderwertiges Heu hin.“ Staubentwicklung und Erdreste geben Hinweise auf den jeweiligen Verschmutzungsgrad. Ein brandiger, muffiger – fast schon fauliger – Geruch des Heus ist immer ein Alarmsignal für Schimmelbefall. Und den kann man bei manchen eingelagerten Heuproben definitiv erkennen. „Ein solches Heu ist als Futter ungeeignet, denn es kann unter anderem Atemwegserkrankungen und Verdauungsprobleme bei Pferden hervorrufen“, so Manfred Hollmann.

Damit man eine zuverlässige Aussage zur hygienischen Qualität des Heus treffen kann, sollte bereits bei der Probennahme einiges beachtet werden. „Die entnommene Heuprobe muss  repräsentativ für die gesamte Partie sein. Deshalb sollten immer mehrere Ballen und
Ballenschichten beprobt werden. Zudem benötigen wir eine ausreichende Menge an Material für die Auswertung. Da reicht eine Handvoll Heu nicht aus“, sagt Hollmann. Am besten verpackt man drei bis fünf Kilogramm Heu in einen Karton oder Papiersack. Wichtig dabei ist, dass die Probe luftdurchlässig verpackt eingesendet wird. Sollen Futtermittel nach Eintritt eines Schadensfalls überprüft werden, muss die Probe aus der aktuell im Einsatz befindlichen Charge gezogen werden. Hier sind ein Kilogramm Getreide, Pellets oder Müsli ausreichend.

Giftige Übeltäter im Heu

Neben der oft minderwertigen Heuqualität stellen im Futter enthaltene Giftpflanzen ein großes Problem für Pferde dar. In den letzten Jahren häufen sich die Heuproben mit dem für die Tiere giftigen Johanniskraut – zum Teil in erheblichen Mengen. „Im Heu erkennt man getrocknetes Johanniskraut eindeutig an seinen gegenständigen braunen Stängeln. Und manchmal kann man auch die getrockneten Blüten ausmachen“, sagt Manfred Hollmann. Das Kraut kommt auf heimischen Magerwiesen und deren Rändern häufig vor. Fressen Pferde zu viel Johanniskraut, kann das böse enden. Denn die Pflanze enthält unter anderem das Pigment Hypericin, ein phototoxischer Stoff, der die Lichtempfindlichkeit der Haut erhöht. Unter Lichteinfluss bilden betroffene Tiere an den nicht pigmentierten Hautstellen wie Lidern oder Nüstern entzündliche Rötungen sowie Ödeme und Läsionen aus. Außerdem besteht die Gefahr von Sekundärinfektionen. Abhilfe schaffen dann das Absetzen des kontaminierten Futters und die Haltung der Tiere im Stall.

„Auffallend oft erhalten wir auch Heuproben, die zu einem großen Teil aus Herbstzeitlosen bestehen. Alle Pflanzenteile bleiben auch nach der Trocknung stark giftig. Im Heu sind deshalb alle Teile – Blüten, Blätter und Samen – sehr problematisch“, so Hollmann. Daneben finden sich noch getrocknete Proben, in denen man aufrechte Stängel mit gegenständiger Blattstellung und breite ovale Blätter erkennen kann. Es handelt sich dabei um getrocknete Teile des stark giftigen Weißen Germers. Bei Pferden macht sich eine Vergiftung mit Weißem Germer unter anderem durch Wesensveränderungen, Unterkühlung, Koliken, Durchfall oder gestörte Bewegungsabläufe bemerkbar. Bei starken Vergiftungen besteht die Gefahr von Kreislaufversagen binnen Stunden. Auch das sogenannte Greiskraut (Jakobsgreiskraut) kann zu ernsthaften Problemen führen: Die darin enthaltenen Giftstoffe reichern sich nach und nach in der Leber an und führen zu chronischen Beschwerden. Akute Vergiftungen enden meist nach einigen Tagen tödlich.
 

Digitale Unterstützung

Nach Abschluss der Heuuntersuchung werden für die einzelnen Merkmale Punkte vergeben. Zu diesem Zweck ist am Zentrum für Tierernährung und Tierschutz eine Anwendung namens HeuApp© im Einsatz, die via Tablet oder PC bedient und auch in der Lehre genutzt wird. Dabei werden die Parameter Griff, Geruch, Farbe und Verunreinigungen bewertet sowie der Hygienestatus und der Futterwert des Heus beurteilt. Enthält die Heuprobe potenziell gefährliche Giftpflanzen, wird dies ebenfalls digital dokumentiert. Ein Algorithmus unterstützt dann die Empfehlung, für welche Pferde das jeweilige Heu geeignet ist. Bei hygienischen Mängeln gibt die App Auskunft darüber, welche weiterführenden Untersuchungen sinnvoll wären, ob bereits Gefahr in Verzug ist und das Heu gegebenenfalls nicht verfüttert werden sollte.

Und was passiert nach der Auswertung mit den vielen Kartons und Säcken voll mit Heu? „In der Regel heben wir die eingesendeten Proben für rund einen Monat auf, bevor sie entsorgt werden. Teilweise verwenden wir relevante Proben auch für Lehrzwecke in unseren Übungen zur Tierernährung und Futtermittelkunde“, so Hollmann. Die Studierenden lernen dabei die grobsinnliche Beurteilung von Heu und deren Eignung für unterschiedliche Tierarten bzw. Leistungsgruppen und nutzen zur Beurteilung auch das digitale Punktevergabesystem der HeuApp©.
 

Futterqualität

Für ein Freizeit-/Reitpferd (durchschnittlich):

• In der Blüte geerntet, erster Schnitt im Frühsommer
• Kräuter und etwas Klee enthalten (Stängel-Blatt-Verhältnis ca. 65:35), nicht zu kurz
• Grüne Farbe, keine Verfärbungen
• Aromatischer Geruch (je nach Anteil an Kräutern)
• Keine Verunreinigungen (ein wenig Staub lässt sich kaum vermeiden)

Für Fohlen:

• Zweiter Schnitt im Spätsommer
• Blattreich mit Kräutern und Klee
• Grüne Farbe, keine Verfärbungen
• Aromatischer Geruch
• Keine Verunreinigungen

Hinweis: Pferde sollen individuell, angepasst an ihre Leistung, gefüttert werden. Kurzes „Rinderheu“ ist nur für Pferde mit mindestens mittlerer bis schwerer Arbeit geeignet.
 

Das Zentrum für Tierernährung und Tierschutzwissenschaften der Vetmeduni widmet sich aktuellen Fragen der Futterqualität, Fütterung und Phytotherapie sowie der
Giftpflanzenkunde beim Pferd. Neben der grobsinnlichen Heuuntersuchung werden unter anderem folgende Dienstleistungen angeboten:

• Mikrobiologische Untersuchung (Keimzahlen von Bakterien, Hefen und Schimmelpilzen)
• Rohnährstoffanalyse
• Bestimmung des Fruktan- und Zuckergehalts
• Bestimmung des Quellvermögens und des Endotoxingehalts
• Botanische Untersuchung von Mageninhaltsproben
• Giftpflanzenauskünfte
• Fütterungsberatung

Detaillierte Informationen zu den Dienstleistungen
 

Text: Nina Grötschl

Fotos: Thomas Suchanek/Vetmeduni
 

Der Beitrag ist in VETMED 02/2025 erschienen.