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Universität

Universitätsklinik für Kleintiere: Ein Tierspital für die Zukunft

Vor rund einem Jahr läutete die neu eröffnete Universitätsklinik für Kleintiere eine neue Ära für die Kleintiermedizin an der Vetmeduni ein. Die Architektur und Ausstattung der neuen Klinik erleichtern die disziplinenübergreifende Untersuchung und Versorgung von Hund, Katze und Co und verbessern so nachhaltig die klinische Ausbildung zukünftiger Tierärzt:innen. Was kann das moderne Kompetenzzentrum am Campus der Veterinärmedizinischen Universität Wien? Wie ist es aufgebaut und von welchen Benefits profitieren Praxis, Ausbildung und Forschung?

Die neue Universitätsklinik für Kleintiere an der Vetmeduni. Foto: Hertha Hurnaus

Seit der Planung und Errichtung des Campus der Vetmeduni in Wien Floridsdorf Mitte der 90er-Jahre sind mittlerweile viele Jahre ins Land gezogen. Seither hat sich in der Tiermedizin inhaltlich und organisatorisch unter anderem in der Kleintiermedizin vieles verändert. Als die ersten größeren Sanierungen am alten Gebäudeensemble notwendig wurden, entschied man sich für einen großen Schritt in Richtung Zukunft. Ein nach modernsten Klinikstandards errichteter Neubau sollte künftig die Versorgung von Hund, Katze, Nager und Co an einem einzigen Standort ermöglichen. Nach einer vergleichsweise kurzen Bauphase wurde die neue Kleintierklinik im Sommer 2022 eröffnet und sucht nun ihresgleichen in Europa, sowohl in Bezug auf die medizinischen Standards als auch auf die Größe. Auf über 6.000 m2 werden jährlich mehr als 40.000 Patienten ambulant, stationär und intensivmedizinisch betreut. Dabei steht das Tierspital für gelebte Interdisziplinarität. Mit seiner tierartenspezifischen Organisation, die nun am Tier und nicht mehr an der jeweiligen Fachdisziplin ausgerichtet ist, gilt es als internationales Vorzeigeprojekt. Von der Anmeldung über die Aufnahme, die Diagnostik, die medikamentöse und chirurgische Behandlung sowie die Pflege bis hin zur Entlassung – alle medizinischen Fachbereiche arbeiten nun noch enger Hand in Hand zusammen. Dies steigert nicht nur die Effizienz der abteilungsübergreifenden Arbeitsabläufe, sondern eröffnet auch neue Möglichkeiten und Chancen der Zusammenarbeit im Team und hinsichtlich der praxisorientierten Ausbildung von Studierenden, die einen Großteil ihrer Praxis am Tier in der Kleintierklinik absolvieren.

Moderne Architektur folgt höchsten medizinischen Ansprüchen

Während früher die einzelnen Fachdisziplinen, Annahmen, Ambulanzen und Stationen über das weitläufige Klinikareal verstreut waren, ist nun der Haupteingang ein „Single Point of Entry“ für alle Tierpatienten und deren Besitzer:innen. Er ist die Drehscheibe zwischen den einzelnen medinischen Disziplinen und Einrichtungen im Klinikgebäude. Im Erdgeschoß finden sich zudem ein Ambulanzzentrum, die Intensivstation (Intensive Care Unit) sowie die Notaufnahme, die rund um die Uhr Anlaufstelle im Fall des Falles ist. Auch die biologische Sicherheit ist ein wesentlicher Bestandteil des Raumkonzepts und wird durch die strikte Trennung von nichtinfektiösen und infektiösen Patienten in allen Bereichen gewährleistet. Zudem ist das Tierspital als „Cat friendly clinic“ ausgerichtet. Das bedeutet neben der grundsätzlichen Rücksichtnahme auf die Bedürfnisse von Hunden und Heimtieren auch eine eigens abgestimmte Rücksichtnahme auf die besonderen Bedürfnisse von Katzen mit zum Beispiel eigenen Wartebereichen und Behandlungsräumen. Stationen und Stallungen bieten Platz für rund 250 Hunde, Katzen und Nager. Im modernen OP-Zentrum mit derzeit zehn OP-Plätzen nehmen die Spezialist:innen der Kleintierklinik Eingriffe unterschiedlichster Art vor.

Von den Tierärzt:innen und Tierpfleger:innen über Studierende bis hin zu den Mitarbeiter:innen, die sich um die Administration kümmern – das große Team der Klinik ist die Triebfeder hinter allen Abläufen. Damit die Vierbeiner bestmöglich medizinisch versorgt werden können, braucht es nämlich nicht nur eine hervorragende klinische Infrastruktur, sondern auch ein eingespieltes Team, das die Patienten betreut und unterstützt – sowohl klinisch als auch administrativ. Während der Entstehungsphase des neuen Gebäudes wurde auch die Betriebsorganisation neu gedacht und umstrukturiert. Ein Novum in der Kleintierklinik ist, dass nun eine Kollegiale Führung, bestehend aus drei leitenden Personen, die Geschicke des Hauses lenkt und auf das Miteinander und den Zusammenhalt im Team achtet.

Vorzeigeprojekt in Sachen Ausbildung

Neben ihrer Funktion als hochspezialisierte Überweisungsklinik für niedergelassene Tierärzt:innen wird die Kleintierklinik seit jeher vor allem als Lehrspital für die Studierenden der Vetmeduni gelebt und übernimmt zusätzlich eine besondere Verantwortung in der Aus- und Fortbildung der Interns, Residents und Fellows, die in der Klinik arbeiten. Mit dem Neubau der Kleintierklinik ist es gelungen, das Umfeld für Studierende weiter zu optimieren und erstklassige Bedingungen für eine praktische, patientenorientierte Ausbildung zu schaffen. Sei es von der (Notfall-)Aufnahme eines Tierpatienten über die Erstanamnese bis hin zur medizinischen Versorgung und der Entlassung – die Studierenden sind nun während der klinischen Übungen in den Rotationen lückenlos in den klinischen Alltag eingebunden, schauen bei allen Schritten den Spezialist:innen über die Schulter und dürfen auch selbst Hand anlegen. Egal ob es um Wundversorgung, chirurgische Eingriffe, Augen- und Zahnuntersuchungen oder die Bestimmung von Herz-Kreislauf-Parametern geht. Angehende Veterinärmediziner:innen üben und vertiefen die relevanten Fertigkeiten unter Supervision der betreuenden Tierärzt:innen. Denn Praxis ist das A und O des 12-semestrigen Diplomstudiums und zieht sich wie ein roter Faden durch den gesamten Lehrplan.

Synergien in der Forschung nutzen

So wie alle Kliniken der Veterinärmedizinischen Universität Wien arbeitet auch die Kleintierklinik forschungsgeleitet und folgt dem Konzept der translationalen Medizin. Das bedeutet, dass neue wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung möglichst rasch den tierischen Patienten in der Klinik zugutekommen. Und das Repertoire an derartiger Forschung an der Vetmeduni ist umfangreich. Beispielsweise widmen sich Expert:innen der klinischen Abteilung für Interne Medizin der Organoidforschung bei Hunden. Es gibt aber auch den Weg in die umgekehrte Richtung. Durch den klinischen Betrieb können Fragestellungen aus der Praxis, beispielsweise bei bestimmten Erkrankungen, identifiziert und evidenzbasiert aufgearbeitet werden – ein Benefit der Ausbildung der Studierenden. Dieser dynamische, wechselseitige Prozess wird in der neuen Kleintierklinik stetig weiter gestärkt mit dem Ziel, kontinuierlich innovative Verfahren für Diagnostik, Therapie und Prophylaxe hervorzubringen.

Der Beitrag erschien in VETMED 01/2023